Pneu­mo­kok­ken-Imp­fung: Dop­pel­in­fek­tio­nen ver­mei­den

Vor­her­ge­hen­de vira­le Infek­tio­nen begüns­ti­gen Pneumokokken-(Co-)Infektionen

Wien, 2. Novem­ber 2022. Sowohl bei der Influ­en­za-Pan­de­mie 1918/1919 als auch bei der Schwei­negrip­pe 2009 hat man es gese­hen: Zusätz­li­che Pneu­mo­kok­ken-Infek­tio­nen erhö­hen die Sterb­lich­keit. Die Influ­en­za-Infek­ti­on gilt dabei als eine Art Weg­be­rei­ter für zusätz­li­che bak­te­ri­el­le Infek­tio­nen. Eher wenig Daten gibt es bis­her zu bak­te­ri­el­len Infek­tio­nen und SARS-CoV2. Wenn bei­de Infek­tio­nen par­al­lel auf­tre­ten, dürf­te aber auch das eine nega­ti­ve Aus­wir­kung auf den Krank­heits­ver­lauf haben. Und auch ohne zeit­glei­che vira­le Infek­ti­on sind Pneu­mo­kok­ken kei­ne unge­fähr­li­chen Bak­te­ri­en. Jedes Jahr kommt es zu Todes­fäl­len auf­grund von aku­ten Pneu­mo­kok­ken-Erkran­kun­gen, aber auch mit­tel- und län­ger­fris­tig auf­grund von Fol­ge­pro­ble­men. Dem kann man vor­beu­gen. Eine recht­zei­ti­ge Pneu­mo­kok­ken-Imp­fung kann viel Leid erspa­ren.

Zuerst Influ­en­za, dann Pneu­mo­kok­ken

Die hohe Sterb­lich­keit wäh­rend der Influ­en­za-Pan­de­mie 1918/19 dürf­te zu einem guten Teil auf zusätz­li­che bak­te­ri­el­le Infek­tio­nen, zum Bei­spiel durch Pneu­mo­kok­ken, zurück­zu­füh­ren sein. Hät­te es „nur“ ein beson­ders gefähr­li­ches Virus gege­ben, wären die Todes­fäl­le bereits inner­halb der ers­ten paar Tage auf­ge­tre­ten und nicht erst nach sie­ben bis zehn Tagen oder noch spä­ter. So aber stell­ten die For­scher fest, dass die Sterb­lich­keit wäh­rend die­ser Pan­de­mie mehr mit der Rate der Lun­gen­ent­zün­dun­gen als mit der Influ­en­za-Infek­ti­on zu tun hat­te. Die Influ­en­za dürf­te also das Immun­sys­tem geschwächt und damit eine Super­in­fek­ti­on mit Pneu­mo­kok­ken und ande­ren Bak­te­ri­en ermög­licht haben.

Ähn­li­ches fan­den die For­scher auch zur Influ­en­za („Schweingrippe“)-Pandemie 2009 her­aus. Eine zusätz­li­che bak­te­ri­el­le Infek­ti­on war eine der wich­tigs­ten Kom­pli­ka­tio­nen. Die Fol­gen waren sowohl eine erhöh­te Mor­bi­di­tät als auch Mor­ta­li­tät. Die häu­figs­ten Aus­lö­ser für die bak­te­ri­el­len Co-Infek­tio­nen waren Pneu­mo­kok­ken.

„Lei­der müs­sen wir heu­er mit einer star­ken Influ­en­za-Wel­le rech­nen und damit auch mit vie­len Pneu­mo­kok­ken-Co-Infek­tio­nen“, warnt Pri­ma­ri­us Priv.-Doz. Dr. Rai­ner Gattrin­ger vom Kli­ni­kum Wels-Gries­kir­chen. Beson­ders Per­so­nen mit erhöh­tem Risi­ko – also mit Vor­er­kran­kun­gen oder auch älte­re Men­schen – soll­ten sich daher neben Influ­en­za auch gegen Pneu­mo­kok­ken imp­fen las­sen. Damit kann man das Risi­ko schon deut­lich redu­zie­ren.“

Auch SARS-CoV2 könn­te es Pneu­mo­kok­ken leich­ter machen

Unkla­rer ist die Fak­ten­la­ge der­zeit noch, was SARS-CoV2 und mög­li­che Dop­pel­in­fek­tio­nen mit Pneu­mo­kok­ken betrifft. Auf­grund der Hygie­ne­maß­nah­men sind wäh­rend der letz­ten bei­den Jah­re glück­li­cher­wei­se auch die Pneu­mo­kok­ken-Infek­tio­nen zurück­ge­gan­gen. Die bis­her ver­öf­fent­lich­ten Fall­be­rich­te zu der­ar­ti­gen Dop­pel­in­fek­tio­nen wei­sen aller­dings dar­auf hin, dass es auch hier zu einer erhöh­ten Sterb­lich­keit, ins­be­son­de­re bei älte­ren Men­schen kom­men dürf­te. SARS-CoV2 dürf­te die bak­te­ri­el­le Besie­de­lung und die Anhef­tung an das Gewe­be jeden­falls ver­stär­ken, gleich­zei­ti­ge Infek­tio­nen zu irrever­si­blen Gewe­be­schä­den füh­ren.

Eine unlängst publi­zier­te Stu­die aus Groß­bri­tan­ni­en zeigt außer­dem auf, dass es nach dem Auf­he­ben der Pan­de­mie­maß­nah­men zu einem Anstieg der Pneu­mo­kok­ken-Fäl­le bei Kin­dern unter 15 Jah­re über das prä­pan­de­mi­sche Niveau hin­aus­ge­kom­men ist. „Ein Grund mehr, auch die Kin­der-Pneu­mo­kok­ken-Imp­fun­gen nicht zu ver­nach­läs­si­gen bezie­hungs­wei­se even­tu­ell ver­säum­te Imp­fun­gen nach­zu­ho­len“, unter­streicht Gattrin­ger.

Pneu­mo­kok­ken schon für sich allein gefähr­lich

„Pneu­mo­kok­ken kön­nen aber auch als allei­ni­ge Infek­tio­nen, die sich meist in Form von Lun­gen­ent­zün­dun­gen bei Erwach­se­nen äußern, gefähr­lich sein“, betont der Exper­te. „Beson­ders bei Risi­ko­grup­pen. Wel­che das sind, wis­sen wir seit COVID-19 beson­ders gut, denn bei­de Risi­ko­grup­pen* sind ähn­lich. Nach wie vor gibt es jedes Jahr vie­le Todes­fäl­le auf­grund von Pneu­mo­kok­ken-Infek­tio­nen. Ein guter Teil hät­te sicher­lich durch recht­zei­ti­ges Imp­fen ver­mie­den wer­den kön­nen.“

Es gibt daher vom Natio­na­len Impf­gre­mi­um eine kla­re Emp­feh­lung zur Pneu­mo­kok­ken-Imp­fung für alle Kin­der unter 5 Jah­ren und für alle gesun­den Per­so­nen über 60, für alle Men­schen mit erhöh­tem Risi­ko (dar­un­ter fal­len zum Bei­spiel Rau­cher oder Men­schen mit Blut­hoch­druck) ab 51 sowie alle Per­so­nen mit bestimm­ten Vor­er­kran­kun­gen in jedem Lebens­al­ter.

Refe­ren­zen:

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Mac­In­ty­re, CR., Chugh­tai, AA., Bar­nes, M. et al. The role of pneu­mo­nia and secon­da­ry bac­te­ri­al infec­tion in fatal and serious out­co­mes of pan­de­mic influ­en­za a(H1N1)pdm09. BMC Infect Dis 2018 18, 637.

Amin-Chowd­hu­ry Z, Aia­no F, Men­sah A, et al, Impact of the Coro­na­vi­rus Dise­a­se 2019 (COVID-19) Pan­de­mic on Inva­si­ve Pneu­mo­coc­cal Dise­a­se and Risk of Pneu­mo­coc­cal Coin­fec­tion With Seve­re Acu­te Respi­ra­to­ry Syn­dro­me Coro­na­vi­rus 2 (SARS-CoV‑2): Pro­s­pec­ti­ve Natio­nal Cohort Stu­dy, Eng­land, Cli­ni­cal Infec­tious Dise­a­ses, 2021 March (72): e65–e75,

Ben­goe­chea J.A., Bam­ford C.G. SARS-CoV‑2, bac­te­ri­al co-infec­tions, and AMR: The dead­ly trio in COVID-19? EMBO Mol. Med. 2020;12:e12560.

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Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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