Gerin­ges Ver­trau­en der Österreicher:innen in Imp­fun­gen

Gleich­zei­tig kon­kre­te Maß­nah­men zum Aus­bau von Erwach­se­nen­imp­fun­gen erfor­der­lich

Wien, 21. Dezem­ber 2022. Bereits zum drit­ten Mal hat die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on das Ver­trau­en der Europäer:innen in Imp­fun­gen abfra­gen las­sen. Und zum drit­ten Mal gibt das Abschnei­den der Österreicher:innen wenig Anlass zur Freu­de. Dies ist einer von meh­re­ren Fak­to­ren, die in einem erwei­ter­ten Erwach­se­nen­impf­pro­gramm adres­siert wer­den müs­sen, wie der Öster­rei­chi­sche Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH) fest­hält. In einem gemein­sa­men Posi­ti­ons­pa­pier mit dem Dach­ver­band Vac­ci­nes Euro­pe wer­den vier Maß­nah­men vor­ge­schla­gen, die den Impf­schutz von Erwach­se­nen in Zukunft deut­lich ver­bes­sern sol­len.

Bereits Okto­ber haben ECDC, WHO und EU gemein­sam davor gewarnt, dass eine Co-Zir­ku­la­ti­on von COVID-19 und Influ­en­za den Druck auf die Spi­tä­ler und die Per­so­nen im Gesund­heits­sys­tem erhö­hen könn­te. Außer­dem haben sie befürch­tet, dass eine zusätz­li­che, star­ke RSV-Zir­ku­la­ti­on den Druck noch wei­ter stei­gern könn­te. Genau das ist jetzt ein­ge­tre­ten. „Die Patient:innen und das öster­rei­chi­sche Gesund­heits­sys­tem, wie auch jene ande­rer EU-Län­der, bekom­men die Aus­wir­kun­gen nun zu spü­ren“, bringt Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH), die Situa­ti­on auf den Punkt.

Impf­ver­trau­en: Öster­reich auf den hin­te­ren Rän­gen

Nach 2018 und 2020 wur­de im Früh­jahr eine wei­te­re Umfra­ge der Euro­päi­schen Uni­on zum Ver­trau­en in Imp­fun­gen durch­ge­führt, sowohl bei der All­ge­mein­be­völ­ke­rung wie auch unter Per­so­nen, die im Gesund­heits­sys­tem soge­nann­ten „Health Care Pro­fes­sio­nals“ beschäf­tigt sind. Ver­gleicht man die Ergeb­nis­se der ein­zel­nen EU-Mit­glieds­staa­ten, so lan­det Öster­reich bei der Befra­gung in der öster­rei­chi­schen All­ge­mein­be­völ­ke­rung auf dem 19. Rang (von 27) und die Beschäf­tig­ten im Gesund­heits­be­reich sogar auf dem vor­letz­ten Platz (26 von 27). „Das ist ein Ergeb­nis, das uns auf jeden Fall zum Den­ken geben muss“, stellt Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des ÖVIH fest. „Ganz beson­ders jenes beim Gesund­heits­per­so­nal.“ Laut Umfra­ge sind näm­lich nur 74 Pro­zent des Gesund­heits­per­so­nals über­zeugt, dass Imp­fun­gen wich­tig, sicher, effek­tiv und im Ein­klang mit den eige­nen Über­zeu­gun­gen sind. Bei der All­ge­mein­be­völ­ke­rung stim­men die­ser Aus­sa­ge sogar weni­ger als die Hälf­te zu, wäh­rend dies bei Spit­zen­rei­ter Por­tu­gal mehr als 75 Pro­zent tun

Unter­schied­li­che Ergeb­nis­se je nach Impf­stoff

Die Umfra­ge zeigt aber auch inter­es­san­te Impf­stoff­grup­pen-bezo­ge­ne Details. Unter­sucht wur­de die Ein­stel­lung zur MMR‑, Influenza‑, HPV- und COVID-19-Imp­fung. So ist das Ver­trau­en in den Kom­bi­na­ti­ons­impf­stoff Masern, Mumps und Röteln (MMR) bei der All­ge­mein­be­völ­ke­rung in Öster­reich sogar höher als im EU-Schnitt. Das Gegen­teil ist beim Ver­trau­en in Impf­stof­fe gegen Influ­en­za der Fall. Hier errei­chen die Österreicher:innen vor allem bei den Aspek­ten Wich­tig­keit (60 % ver­sus 78 %) und Effek­ti­vi­tät (65 % ver­sus 78 %) ekla­tant nied­ri­ge­re Wer­te als der Durch­schnitts­wert über die gesam­te EU. Nicht viel bes­ser sind die Wer­te bei den Impf­stof­fen gegen das Huma­ne Papil­lo­ma­vi­rus (HPV). Und auch bei den Impf­stof­fen gegen COVID-19 ist das Ver­trau­en der Österreicher:innen weni­ger aus­ge­prägt als in ande­ren EU-Län­dern. „Hier müs­sen drin­gend Maß­nah­men ergrif­fen wer­den“, betont Mag.a Sig­rid Has­lin­ger, Vize­prä­si­den­tin des ÖVIH. „Ein der­ar­ti­ger Man­gel an Ver­trau­en schlägt sich ja auch auf die Durch­imp­fungs­ra­ten und damit auf die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung und auf das Gesund­heits­sys­tem nie­der.“

Teil des Gesund­heits­per­so­nal lehnt Impf­emp­feh­lun­gen ab

Das Gesund­heits­per­so­nal wur­de in die­ser Umfra­ge auch nach der Wahr­schein­lich­keit für eine Emp­feh­lung bestimm­ter Imp­fun­gen gefragt. In Öster­reich sieht man hier unter ande­rem eine deut­li­che Zurück­hal­tung bei den Emp­feh­lun­gen für Influ­en­za- und COVID-19-Imp­fun­gen. Nur 66 % emp­feh­len eine Influ­en­za-Imp­fung für Schwan­ge­re, 73 % eine COVID-19-Imp­fung für Schwan­ge­re. Gene­rell zeigt sich auch hier ein ähn­li­cher Trend, wenn auch auf höhe­rem Niveau als bei der All­ge­mein­be­völ­ke­rung: Spe­zi­ell die Influ­en­za- und die COVID-19-Imp­fun­gen wer­den vom öster­rei­chi­schen Gesund­heits­per­so­nal im Ver­gleich zum EU-Schnitt für weni­ger wich­tig gehal­ten. „Im Öster­rei­chi­schen Impf­plan wer­den bei­de Imp­fun­gen aus­drück­lich emp­foh­len, ganz beson­ders auch für Schwan­ge­re. Es ist daher besorg­nis­er­re­gend, dass ein Teil des öster­rei­chi­schen Gesund­heits­per­so­nals ent­ge­gen die­ser Emp­feh­lun­gen agiert“, betont Dr. Chris­toph Jandl, Gene­ral­se­kre­tär des ÖVIH.

ÖVIH emp­fiehlt Maß­nah­men zur Opti­mie­rung der Erwach­se­nen­imp­fun­gen

„Auf das öster­rei­chi­sche Impf­we­sen kom­men ohne­hin schon eini­ge Her­aus­for­de­run­gen zu“, berich­tet ÖVIH-Prä­si­den­tin Gal­lo-Dani­el mit Ver­weis auf das neue Stra­te­gie­pa­pier. „Dazu gehö­ren unter ande­rem die altern­de Bevöl­ke­rung, die Kos­ten von impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen für das Gesund­heits­sys­tem und die Volks­wirt­schaft, aber auch die Zunah­me von Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen. Das ver­gleichs­wei­se gerin­ge Ver­trau­en in Imp­fun­gen ist lei­der noch ein zusätz­li­ches Pro­blem.“ Außer­dem sei­en die öffent­li­chen Aus­ga­ben für Imp­fun­gen in den meis­ten euro­päi­schen Län­dern sehr gering und wür­den, abge­se­hen von der Imp­fung gegen COVID-19, meist weni­ger als 0,5 % des Gesund­heits­vor­sor­ge­bud­gets aus­ma­chen. „Von die­sen ohne­hin schon gerin­gen Beträ­gen ist der größ­te Teil bis­her in päd­ia­tri­sche Pro­gram­me geflos­sen“, fügt ÖVIH-Vize­prä­si­den­tin Has­lin­ger hin­zu.

„Ange­sichts der aktu­el­len und kom­men­den Her­aus­for­de­run­gen müs­sen wir auch in Öster­reich den Fokus ver­mehrt auch auf die Erwach­se­nen-Imp­fun­gen rich­ten“, stellt ÖVIH Gene­ral­se­kre­tär Jandl fest. Der ÖVIH schließt sich dem Posi­ti­ons­pa­pier von Vac­ci­nes Euro­pe mit fol­gen­den vier Maß­nah­men an, um zukünf­tig einen bes­se­ren Schutz vor impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen sicher­stel­len zu kön­nen:

  • Ent­wick­lung von Stra­te­gien, um die Erwach­se­nen­imp­fun­gen in die natio­na­len Impf­pro­gram­me zu inte­grie­ren und um ihre Finan­zie­rung zu gewähr­leis­ten. Sicher­stel­lung des Zugangs zu Impf­stof­fen und die rasche­re Auf­nah­me von neu­en Impf­stof­fen in die natio­na­len Impf­pro­gram­me.
  • Brei­te und umfas­sen­de Infor­ma­ti­ons- und Auf­klä­rungs­kam­pa­gnen über den Wert von Imp­fun­gen, ihren Nut­zen sowie die Gesamt­be­las­tung durch mit Imp­fung ver­meid­ba­ren Krank­hei­ten in der Popu­la­ti­on. Die­se Kam­pa­gnen müs­sen durch die öffent­li­che Hand getra­gen wer­den und sowohl auf die Bevöl­ke­rung als auch die Ärzt:innen abzie­len.
  • Ver­bes­ser­ter und ein­fa­che­rer Zugang zu Imp­fun­gen für Erwach­se­ne (z.B. Imp­fun­gen in Betrie­ben, Imp­fun­gen bei Fachärzt:innen).
  • Aus­bau des elek­tro­ni­schen Impf­pas­ses als digi­ta­les Impf­re­gis­ter zur Ver­bes­se­rung der Durch­imp­fungs­ra­ten (für die gesam­te Lebens­dau­er und alle Impf­in­di­ka­tio­nen) und zur Ver­wen­dung als Erin­ne­rungs- und Emp­feh­lungs­tool.

Gal­lo-Dani­el wünscht sich eine brei­te Zusam­men­ar­beit auf allen Ebe­nen und ergänzt: „Der ÖVIH steht wie immer allen Entscheidungsträger:innen im gesund­heits­po­li­ti­schen Bereich wie auch den Vertreter*innen im Gesund­heits­be­reich ger­ne als Ansprech- und Koope­ra­ti­ons­part­ner zu Ver­fü­gung, um die Bevöl­ke­rung best­mög­lich vor impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen zu schüt­zen.“

Infor­ma­tio­nen zum Vac­ci­ne Con­fi­dence Report fin­den sie unter fol­gen­dem Link

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen von ÖVIH und Vac­ci­nes Euro­pe zum The­ma Erwach­se­nen­imp­fung sowie zu (Erwachsenen)-Impfstoffen in der Pipe­line, ist The­ma der Pres­se­aus­sendung „Neue Erwach­se­nen-Impf­stra­te­gien not­wen­dig“.

Refe­ren­zen:

https://health.ec.europa.eu/system/files/2022–11/2022_confidence_factsheet_austria_en.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 19.12.2022

Fai­v­re P et al (2021). Immu­niza­ti­on fun­ding across 28 Euro­pean count­ries, Expert Rev Vac­ci­nes. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14760584.2021.1905257

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