RSV: Unter­schätzt und teu­er

Krank­heits­kos­ten für Risi­ko­grup­pen am höchs­ten – RSV-Impf­stof­fe bereits am Hori­zont

Wien 29. Juni 2023. Der ver­gan­ge­ne Win­ter war geprägt von zahl­rei­chen respi­ra­to­ri­schen Infek­tio­nen, teil­wei­se muss­ten wir sogar mit meh­re­ren Kei­men auf ein­mal kämp­fen. Beson­ders pro­mi­nent ver­tre­ten war RSV – ein Erre­ger, der bis dato wenig bekannt war und auch in der Ver­gan­gen­heit oft unter­schätzt wur­de. Mitt­ler­wei­le wird aber immer kla­rer, dass RSV vor allem bei Risi­ko­grup­pen – Säug­lin­gen und älte­ren Per­so­nen mit Vor­er­kran­kun­gen – sehr gefähr­lich sein kann. Die­se Grup­pen benö­ti­gen auch über­durch­schnitt­lich oft eine sta­tio­nä­re Behand­lung, was zu hohen finan­zi­el­len Kos­ten für das Gesund­heits­sys­tem führt. Wie teu­er RSV uns tat­säch­lich zu ste­hen kommt, wur­de bis­her nicht erho­ben. Grund genug für den Öster­rei­chi­schen Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH), eine Krank­heits­kos­ten­ana­ly­se in Auf­trag zu geben. Ergeb­nis: RSV ist nicht nur gefähr­lich, son­dern auch kos­ten­in­ten­siv. Die gute Nach­richt: Neue Prä­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten sind bereits am Hori­zont. Aus Sicht des ÖVIH soll­ten die­se zukünf­tig in ein Gesamt­impf­kon­zept der öffent­li­chen Hand mit Fokus auf lebens­lan­ges Imp­fen inte­griert wer­den.

Star­ke RSV-Sai­son – vie­le Dop­pel­in­fek­tio­nen

2022 gab es eine beson­ders star­ke RSV-Epi­de­mie in Öster­reich, die frü­her als nor­mal begon­nen und zu einer erhöh­ten Anzahl an päd­ia­tri­schen Patient:innen in den Not­auf­nah­men geführt hat. Eine Ana­ly­se der Abstri­che bei Kin­dern bestä­tigt außer­dem, dass bis zu 27 Pro­zent der RSV-infi­zier­ten Kin­der gleich­zei­tig mit einem wei­te­ren Virus infi­ziert waren, was oft mit einem schwe­re­ren Krank­heits­ver­lauf ein­her­geht.

Die für die Krank­heits­kos­ten­ana­ly­se abge­ru­fe­nen LKF*-Daten zei­gen wei­ters, dass pro Jahr 1.531 Patient:innen auf­grund einer RSV-Infek­ti­on hos­pi­ta­li­siert wer­den müs­sen; 85,4% davon im ers­ten Lebens­jahr. Hoch­rech­nun­gen aus inter­na­tio­na­len Stu­di­en­da­ten erge­ben sogar, dass knapp 170 Per­so­nen jähr­lich in Öster­reich an RSV ster­ben. Risi­ko­grup­pen wie früh­ge­bo­re­ne Kin­der und Erwach­se­ne über 60 Jah­re mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen sind beson­ders gefähr­det und müs­sen auch häu­fi­ger im Spi­tal behan­delt wer­den. „All die­se Daten machen klar, dass RSV kei­ne harm­lo­se Erkran­kung ist und ein ent­spre­chen­des Moni­to­ring und vor allem eine Prä­ven­ti­ons­stra­te­gie benö­tigt“, erklärt Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des ÖVIH.

Krank­heits­kos­ten erst­mals ana­ly­siert

Das Insti­tut für Phar­ma­öko­no­mi­sche For­schung (IPF) hat im Auf­trag des ÖVIH erst­mals die finan­zi­el­len Kos­ten ana­ly­siert, die auf­grund von RSV-Erkran­kun­gen ent­ste­hen. Berück­sich­tigt wur­den direk­te Kos­ten wie Hos­pi­ta­li­sie­run­gen, Arzt­be­su­che und Medi­ka­men­te sowie indi­rek­te Kos­ten, die Arbeits­aus­fäl­le und Pfle­ge­frei­stel­lun­gen berück­sich­ti­gen.

Die ana­ly­sier­ten Daten erge­ben RSV-beding­te Krank­heits­kos­ten pro Jahr in der Höhe von knapp 248 Mil­lio­nen Euro. Davon ent­fal­len rund 41 Mil­lio­nen Euro auf die direk­ten Kos­ten und der über­wie­gen­de Teil von 83,5 % auf die indi­rek­ten Kos­ten. Bei den direk­ten Kos­ten stel­len in der Grup­pe der Säug­lin­ge als beson­ders gefähr­de­te Grup­pe die Kran­ken­haus­kos­ten die größ­te Kos­ten­kom­po­nen­te dar. Mit 1.341 sta­tio­nä­ren Auf­ent­hal­ten und 335 Ein­wei­sun­gen auf die Inten­siv­sta­ti­on ist in die­ser Grup­pe außer­dem der Anteil der sta­tio­nä­ren Ver­sor­gung am höchs­ten.

Bei den Erwach­se­nen sind vor allem die Arbeits­aus­falls­kos­ten rele­vant und betra­gen mehr als 1.300 Euro pro Patient:in. Ins­ge­samt kommt es auf­grund von RSV zu 85.294 Arbeits­aus­fäl­len mit 712.817
Aus­falls­ta­gen (durch­schnitt­lich 8,4 Tage pro Fall).

Fokus auf Risi­ko­grup­pen

In den Risi­ko­grup­pen der früh­ge­bo­re­nen Säug­lin­ge oder Säug­lin­ge mit Herz­feh­ler bezie­hungs­wei­se der Erwach­se­nen über 60 mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen ist die Anzahl der Hos­pi­ta­li­sie­run­gen und Auf­ent­hal­te auf der Inten­siv­sta­ti­on sowie der Arbeits­aus­fäl­le (bei Erwach­se­nen) beson­ders hoch. Außer­dem ver­ur­sa­chen sie deut­lich höhe­re Kos­ten pro Patient:in. „Genau die­sen Grup­pen hat sich die For­schung in den letz­ten Jah­ren beson­ders gewid­met“, erläu­tert Mag.a Sig­rid Has­lin­ger, Vize­prä­si­den­tin des ÖVIH. „Einer­seits geht es dar­um, die bereits exis­tie­ren­de Pro­phy­la­xe bei Säug­lin­gen zu ver­bes­sern und ande­rer­seits älte­ren Erwach­se­nen erst­ma­lig eine Schutz­mög­lich­keit zu bie­ten.“ RSV-Infek­tio­nen kön­nen der­zeit nur sym­pto­ma­tisch the­ra­piert wer­den. Immu­ni­sie­run­gen – ent­we­der pas­siv als Anti­kör­per oder aktiv in Form von Imp­fun­gen – gegen RSV wer­den in nächs­ter Zeit immer wich­ti­ger. Seit Juni 2023 ist bereits ein RSV-Impf­stoff durch EMA in Euro­pa zuge­las­sen.

Ein­spa­rungs­po­ten­zi­al vor­han­den

„Als Impf­stoff­her­stel­ler arbei­ten wir best­mög­lich dar­an, neue Pro­phy­la­xe­mög­lich­kei­ten zu erfor­schen und zur Ver­fü­gung zu stel­len“ betont ÖVIH-Gene­ral­se­kre­tär Dr. Chris­toph Jandl. Seit Juni 2023 ist bereits ein RSV-Impf­stoff durch EMA in Euro­pa zuge­las­sen. „Not­wen­dig ist aber auch, die­se nach der Zulas­sung durch die EMA in ein Gesamt­kon­zept der öffent­li­chen Hand zum lebens­lan­gen Imp­fen ein­zu­bin­den.“ „Impf­stof­fe und pas­si­ve Immu­ni­sie­run­gen wir­ken nur dann, wenn sie auch ver­ab­reicht wer­den. Das kann aber nur dann pas­sie­ren, wenn die Men­schen ent­spre­chend auf­ge­klärt wer­den und die Mög­lich­keit haben, sich imp­fen zu las­sen. Das betrifft sowohl den Zugang zu Impf­stof­fen als auch die Finan­zie­rung“, ergänzt ÖVIH-Prä­si­den­tin Gal­lo-Dani­el.

*Leis­tungs­ori­en­tier­ten Kran­ken­an­stal­ten­fi­nan­zie­rung

Refe­ren­zen:

Redl­ber­ger-Fritz M, et al, The respi­ra­to­ry syn­cy­ti­al virus sur­ge in Aus­tria, 2022, was cau­sed by
line­ages pre­sent befo­re the COVID-19 pan­de­mic, bioR­xiv pre­print doi: https://doi.org/10.1101/2023.01.26.525650; gepos­tet am 26. Jän­ner 2023.

Sprin­ger David N, et al, Diver­si­ty of respi­ra­to­ry viral co-infec­tions in Aus­tria during sea­sons 2021/2022 & 2022/2023, Pos­ter prä­sen­tiert am ESPID 2023

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