Neue Prä­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten bei RSV

Säug­lin­ge und älte­re Men­schen kön­nen durch Immu­ni­sie­rung geschützt wer­den

Wien 20. Sep­tem­ber 2023. Die „gro­ßen drei“ waren letz­ten Win­ter eine gro­ße Belas­tung für das Gesund­heits­sys­tem. Gemeint sind COVID-19, Influ­en­za und RSV*. Gegen COVID-19 und Influ­en­za gab es aller­dings eine Imp­fung, bei RSV stand bis­her nur eine pas­si­ve Immu­ni­sie­rung für Risi­ko­s­äug­lin­ge zur Ver­fü­gung. Das Virus ist aber für bei­de Sei­ten des Alters­spek­trums pro­ble­ma­tisch, bei älte­ren Men­schen for­dert es ähn­lich vie­le Opfer wie die Influ­en­za. Nun gibt es neue Prä­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten. Impf­stof­fe für Men­schen über 60 Jah­re wur­den bereits zuge­las­sen und wer­den vom Natio­na­len Impf­gre­mi­um emp­foh­len. Außer­dem wur­de eben­falls ein Impf­stoff für Schwan­ge­re zuge­las­sen und Schwan­ge­re kön­nen sich auf Wunsch imp­fen las­sen, um die schüt­zen­den Anti­kör­per an das Baby wei­ter­zu­ge­ben. Die bereits eta­blier­te pas­si­ve Immu­ni­sie­rung für Risi­ko­s­äug­lin­ge und Früh­ge­bo­re­ne ist nach wie vor ver­füg­bar. Eine neue, län­ger anhal­ten­de pas­si­ve Immu­ni­sie­rung für alle Säug­lin­ge wird für nächs­tes Jahr erwar­tet.

Häu­fi­ge Erkran­kung

Hoch­rech­nun­gen inter­na­tio­na­ler Stu­di­en zei­gen, dass RSV-Infek­tio­nen bei Klein­kin­dern und Säug­lin­gen häu­fig sind. „Kon­kret ist in Öster­reich von 54.600 infi­zier­ten Kin­dern, 11.000 bis 22.000 Infek­tio­nen der unte­ren Atem­we­ge und 1.100 mit obstruk­ti­ver Bron­chi­tis hos­pi­ta­li­sier­ten Kin­dern aus­zu­ge­hen“, berich­tet Priv. Doz.in Dr.in Moni­ka Redl­ber­ger-Fritz vom Zen­trum für Viro­lo­gie der Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät Wien. „Ähn­li­ches gilt für älte­re Men­schen“, betont Prim. Priv.-Doz. Dr. Arschang Vali­pour, Lei­ter der Abtei­lung für Inne­re Medi­zin und Pneu­mo­lo­gie, Kli­nik Flo­rids­dorf. Sowohl in der EU als auch in den USA regis­triert man pro Jahr jeweils etwa 150.000 bis 200.000 Hos­pi­ta­li­sie­run­gen älte­rer Men­schen auf­grund von RSV unter Senio­ren, mehr als bei Klein­kin­dern. Rund 90 % der Betrof­fe­nen sind dabei älter als 65 Jah­re alt. 10.000 bis 15.000 Todes­fäl­le bei Per­so­nen höhe­ren Alters wer­den dort RSV zuge­rech­net.

Aku­te und lang­fris­ti­ge Pro­ble­me

„Betrof­fe­ne Säug­lin­ge lei­den auf­grund der schlecht belüf­te­ten Lun­gen in der aku­ten Pha­se oft unter Atem­not, leicht erkenn­bar am schnel­len und ange­streng­ten Atmen“, erklärt Prim. MedR. Ass.-Prof. DDr. Peter Voitl, MBA vom Ers­ten Wie­ner Kin­der­ge­sund­heits­zen­trum Donau­stadt. „Wird die­se zu groß, führt am Spi­tal kein Weg vor­bei, da sol­chen Kin­dern unbe­dingt Sau­er­stoff ver­ab­reicht wer­den muss.“ Wenn die aku­te Pha­se über­stan­den ist, blei­ben aller­dings oft noch lang­fris­ti­ge Pro­ble­me. Die in Mit­lei­den­schaft gezo­ge­nen Lun­gen blei­ben noch über vie­le Mona­te emp­find­lich. Das bedeu­tet, dass die­se Kin­der auch für ande­re Krank­heits­er­re­ger beson­ders anfäl­lig sind und eine erhöh­te Wahr­schein­lich­keit für schwe­re Ver­läu­fe haben.

„Auch Erwach­se­ne mit einem schwe­ren Ver­lauf (betrifft etwa 15 von 100.000 Infek­tio­nen, mit deut­li­chem Anstieg mit zuneh­men­dem Alter3) müs­sen im Spi­tal auf­ge­nom­men und dort im Schnitt 12 Tage lang behan­delt wer­den“, erläu­tert Vali­pour. Der Anteil der hos­pi­ta­li­sier­ten Per­so­nen, die auf die Inten­siv­sta­ti­on gebracht wer­den müs­sen oder ver­ster­ben, sei sogar um 40 bis 60 Pro­zent höher als bei Influ­en­za.

Krank­heits­kos­ten in Mil­lio­nen­hö­he

„Neben all dem Leid durch die Erkran­kung ver­ur­sacht RSV auch erheb­li­che Kos­ten im Gesund­heits­sys­tem“, berich­tet Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH). Das hat eine Krank­heits­kos­ten­ana­ly­se des Insti­tuts für Phar­ma­öko­no­mi­sche For­schung (IPF) im Auf­trag des ÖVIH erge­ben. Den Berech­nun­gen zufol­ge kommt es in Öster­reich zu RSV-beding­ten Krank­heits­kos­ten pro Jahr in der Höhe von knapp 248 Mil­lio­nen Euro. Davon ent­fal­len rund 41 Mil­lio­nen Euro auf die direk­ten Kos­ten und der über­wie­gen­de Teil von 83,5 % auf die indi­rek­ten Kos­ten. Bei den direk­ten Kos­ten stel­len in der Grup­pe der Säug­lin­ge, die ja als beson­ders gefähr­de­te Grup­pe gel­ten, die Kran­ken­haus­kos­ten die größ­te Kos­ten­kom­po­nen­te dar. Bei den Erwach­se­nen sind vor allem die Arbeits­aus­falls­kos­ten rele­vant und betra­gen mehr als 1.300 Euro pro Patient:in.

Neue Schutz­mög­lich­kei­ten ver­füg­bar

„Neue Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men sind nun ver­füg­bar und soll­ten so schnell wie mög­lich zum Ein­satz kom­men. Nicht zuletzt, um die hohe Spi­tals­aus­las­tung auf­grund von RSV, die gera­de in Zei­ten, in denen wei­te­re respi­ra­to­ri­sche Viren zir­ku­lie­ren, zu Eng­päs­sen füh­ren kann, zu redu­zie­ren“, betont Viro­lo­gin Redl­ber­ger-Fritz. Die­ses Jahr wur­den ers­te Impf­stof­fe gegen RSV zuge­las­sen, die seit Kur­zem auch in den Emp­feh­lun­gen des Natio­na­len Impf­gre­mi­ums abge­bil­det sind. Die­se Emp­feh­lun­gen gel­ten für Per­so­nen über 60 Jah­re, aber auch für Per­so­nen mit schwe­ren Grund­er­kran­kun­gen ab 18 Jah­ren. Für Neu­ge­bo­re­ne gibt es bereits seit vie­len Jah­ren eine eta­blier­te pas­si­ve Immu­ni­sie­rung die aus­schließ­lich für Risi­ko­s­äug­lin­ge und Früh­ge­bo­re­ne zur Ver­fü­gung steht und die in der RSV-Sai­son ein­mal monat­lich ver­ab­reicht wer­den muss. Eine pas­si­ve Immu­ni­sie­rung für alle Kin­der in ihrer ers­ten RSV Sai­son, die nur noch ein­mal pro Sai­son not­wen­dig ist, wird für nächs­tes Jahr erwar­tet. Eine wei­te­re Schutz­mög­lich­keit ist die Imp­fung wer­den­der Müt­ter, die sich in der Schwan­ger­schaft imp­fen las­sen kön­nen, um durch die Wei­ter­ga­be der müt­ter­li­chen Anti­kör­per das Neu­ge­bo­re­ne zu schüt­zen. Die­se müt­ter­li­che Imp­fung wur­de Ende August von der EMA zuge­las­sen. Der ÖVIH denkt aber schon einen Schritt wei­ter, Prä­si­den­tin Gal­lo-Dani­el betont daher: „Wich­tig wäre, die­se neu­en Immu­ni­sie­rungs­mög­lich­kei­ten auch in ein Gesamt­kon­zept der öffent­li­chen Hand zum lebens­lan­gen Imp­fen ein­zu­bin­den. Dazu gehö­ren natür­lich eine ent­spre­chen­de Auf­klä­rung der betrof­fe­nen Per­so­nen­grup­pen zum Erkran­kungs­ri­si­ko und den Schutz­mög­lich­kei­ten, ein nie­der­schwel­li­ger und ein­fa­cher Zugang sowie Finan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten.”

Refe­ren­zen:

Osei-Yeboah R, et.al., RESCEU inves­ti­ga­tors. Esti­ma­ti­on of the num­ber of RSV-asso­cia­ted hos­pi­ta­li­sa­ti­ons in adults in the Euro­pean Uni­on. J Infect Dis. 2023 May 29:jiad189. Epub ahead of print. PMID: 37246742
Cen­ters for Dise­a­se Con­trol and Pre­ven­ti­on. RSV in older adults and adults with chro­nic medi­cal con­di­ti­ons. Acces­sed July 27, 2021
Savic M, Pen­ders Y, Shi T, Bran­che A, Pir­çon JY. Respi­ra­to­ry syn­cy­ti­al virus dise­a­se bur­den in adults aged 60 years and older in high-inco­me count­ries: A sys­te­ma­tic lite­ra­tu­re review and meta-ana­ly­sis. Influ­en­za Other Respir Viru­s­es. 2023 Jan;17(1):e13031.
Ambrosch A, Luber D, Kla­wonn F, Kabesch M. Focu­sing on seve­re infec­tions with the respi­ra­to­ry syn­cy­ti­al virus (RSV) in adults: Risk fac­tors, sym­pto­ma­to­lo­gy and cli­ni­cal cour­se com­pared to influ­en­za A / B and the ori­gi­nal SARS-CoV‑2 strain. J Clin Virol. 2023 Apr;161:105399. Epub 2023 Feb 14. Erra­tum in: J Clin Virol. 2023 Apr 12;:105443.

*Respi­ra­to­ri­sches-Syn­zy­ti­al-Virus

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Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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