Öffentliche Impfprogramme für COVID-19 und Influenza, Empfehlungen für Impfungen gegen Pneumokokken, Pertussis (Keuchhusten) und RSV
Wien 5. Oktober 2023. Im Moment befinden wir uns „nur“ in einem Anstieg der COVID-19-Erkrankungen, Influenza und RSV werden bisher nur vereinzelt nachgewiesen. Doch das dürfte sich ändern. Wichtig ist, dass sich jetzt möglichst viele Menschen gegen alle impfpräventablen Erkrankungen schützen, um einem schweren Krankheitsverlauf vorzubeugen, betonen Expert:innen. Um mehr Menschen zum Impfen zu bewegen, gibt es heuer neben dem öffentlichen Impfprogramm für COVID-19 auch eines für Influenza, das vom Bund, den Bundesländern und der Sozialversicherung getragen wird. Je nach Bevölkerungsgruppe zusätzlich empfohlen sind Impfungen gegen Pneumokokken, Keuchhusten und RSV. Damit es zukünftig einfacher wird, sich impfen zu lassen, sind bereits neue Kombinationsimpfstoffe, zum Beispiel gegen COVID-19 und Influenza, in Entwicklung.
Die Virusinfektionen kehren zurück
„Bereits 2022 haben wir gesehen, dass eine Lockerung beziehungsweise ein Wegfall der meisten COVID-19-bedingten Schutzmaßnahmen zu einem Anstieg aller respiratorischen Infektionen geführt hat. Es ist zu erwarten, dass das auch diesen Winter wieder passieren wird“, erläutert Prim. Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie, Klinik Floridsdorf. Unklar sei nur, ob die verschiedenen Wellen parallel – so wie vergangenes Jahr – oder hintereinander auftreten würden und wie sich COVID-19 weiterentwickeln werde. „Besonders bei parallel auftretenden Wellen von mehreren Erregern kann es wieder zu einer stärkeren Belastung der Spitäler kommen“, warnt der Pneumologe. „Aufgrund des aktuellen Personalmangels und der jetzt schon immer wieder vorkommenden Bettensperren kann es also durchaus zu Engpässen kommen“, so Valipour.
Mehrere Infektionen parallel möglich
Mittlerweile kann man anhand einer Multiplex-PCR die wichtigsten Erreger in der klinischen Routine schnell nachweisen: SARS-CoV‑2, Influenza und RSV. Dadurch hat man letztes Jahr auch eine ganze Reihe von Mehrfachinfektionen gefunden, die oft einen schwereren Krankheitsverlauf zur Folge haben. Wichtig ist daher die Vorbeugung durch die entsprechenden Impfungen. „Die Impfung gegen COVID-19 mit dem angepassten Variantenimpfstoff mit Komponenten, die gegen XBB.1.5 gerichtet sind, kann bereits jetzt durchgeführt werden, sofern die letzte Impfung gegen COVID-19 beziehungsweise die letzte Corona-Infektion mindestens sechs Monate* zurückliegt“, betont Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Maria Paulke-Korinek, PhD, DTM, Leiterin Abteilung für Impfwesen, Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Öffentliches Impfprogramm auch für Influenza
„Erstmalig gibt es auch für Influenza ein öffentliches Impfprogramm für die gesamte Bevölkerung. Der Selbstbehalt beträgt sieben Euro“, berichtet Paulke-Korinek. Wie die COVID-19-Impfung wird auch jene gegen Influenza vorrangig von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt. Auch wenn es sowohl bei Influenza als auch bei COVID-19 trotz Impfung zu Erkrankungen kommen kann, betont Paulke-Korinek ganz klar: „Geimpfte sind gegenüber Ungeimpften im Vorteil, da bei ihnen die Erkrankung zumeist milder und kürzer verläuft, sie deutlich weniger Komplikationen erleiden und seltener einen Krankenhausaufenthalt benötigen.“ „Die COVID-19-Impfung ist bereits jetzt empfohlen. Influenza-Impfungen sollten idealerweise Ende Oktober oder im November verabreicht werden. Eine gleichzeitige Impfung ist möglich, sollte aber nicht in den gleichen Arm gegeben werden.“
Kombinationsimpfung in Entwicklung
Um die Verabreichung zukünftig zu vereinfachen, wird bereits an einem Kombinationsimpfstoff gegen COVID-19 und Influenza geforscht. „Der voraussichtlich schnellste Ansatz wäre eine Kombination aus zwei rekombinanten proteinbasierten Impfstoffen, da die verschiedenen Einzelkomponenten schon als individuelle Impfstoffe zugelassen sind“, erläutert der internationale Impfstoffexperte Dr. Otfried Kistner. „In diesem Fall würde man die vier Stämme des Influenza-Impfstoffes mit dem Spikeprotein von SARS-CoV‑2 verbinden. Im Vergleich zur mRNA-Totimpfstoff-Kombination sind hier mit hoher Wahrscheinlichkeit weniger Interferenzen zu erwarten. Es ist aber dennoch mit einigen Jahren bis zur Zulassung zu rechnen.“
Bakterielle Infektionen nicht vergessen
Neben den viralen, gibt es aber auch bakterielle Infektionen, die im Winter gehäuft auftreten. „Es ist bekannt, dass man besonders nach COVID-19 und Influenza anfälliger für bakterielle Infektionen wie jene durch Pneumokokken ist“, berichtet Pneumologe Valipour. „Virusinfektionen verursachen einen Schaden an der Schleimhaut der Atemwege, was wie eine Art offene Schleuse für Bakterien wirkt. Auf dieser Art und Weise entstehen sogenannte „Superinfektionen“, bei denen sich eine bakterielle Infektion auf eine Virusinfektion „draufsetzt“.“ Ein typisches Beispiel für eine solche bakterielle Infektion ist die Infektion durch Pneumokokken. Deswegen sei bei gesunden Personen die Pneumokokken-Impfung ab dem vollendeten 60. Lebensjahr empfohlen, so Paulke-Korinek. Ebenso wie für Säuglinge und Kleinkinder sowie altersunabhängig für bestimmte Risikopersonen.
Keuchhusten: Nicht in falscher Sicherheit wiegen
Eine weitere unangenehme bakterielle Erkrankung, die oft in Vergessenheit gerät, ist der Keuchhusten. „Viele wissen nicht, dass Keuchhusten gerade bei Personen mit Vorerkrankungen unangenehm und langwierig, mit nächtlichen Hustenattacken, verlaufen kann“, betont die Expertin aus dem Gesundheitsministerium. Da man in Österreich als Kind gegen Keuchhusten geimpft wird, wiegen sich viele in falscher Sicherheit, wodurch Impflücken entstehen. Nach der Impfung für Säuglinge und Kleinkinder ist die Impfung alle zehn Jahre empfohlen, ab 60 alle fünf Jahre in Kombination mit Tetanus und Diphtherie, teils auch mit Polio. Auch diese Impfstoffkombination wurde weiterentwickelt, berichtet Impfstoffexperte Kistner: „Während ursprünglich 1.000 bis 2.000 Proteine des Pertussis-Bakteriums im Impfstoff enthalten waren, sind es nun ein bis maximal vier Proteine. Man hat sich also gezielt auf ausgewählte Antigene, die eine schützende Immunantwort induzieren können, konzentriert und alle anderen aus dem Impfstoff entfernt. Damit hat man eine gleichbleibende Immunantwort bei besserer Verträglichkeit erzielt.“
Impfungen mit Hausärztin oder Hausarzt besprechen
Um den Überblick über alle notwendigen Impfungen zu behalten, empfiehlt Paulke-Korinek jeden Arztbesuch zu nützen, um die eigenen Impfungen auf den neuesten Stand zu bringen. „Besonders wichtig ist, dass man sich jetzt im Herbst impfen lässt, da man während der nächsten zwei bis drei Monate einen besonders hohen Schutz hat und so gut durch den Winter kommt“, ergänzt Valipour. „Aus ÖVIH-Sicht wäre außerdem wünschenswert, all diese Impfungen in ein generelles Impfkonzept für Erwachsene zu integrieren, das sowohl einen niederschwelligen Zugang als auch eine entsprechende Finanzierung gewährleistet“, stellt ÖVIH-Vizepräsidentin Mag.a Sigrid Haslinger fest. „Mehrere Analysen haben eindeutig gezeigt, dass davon nicht nur der oder die Betroffene, sondern auch das Gesundheitssystem und die Gesellschaft profitieren würden.“
* beziehungsweise vier Monate bei bestimmten Risikogruppen
Rückfragehinweis:
Mag.a Uta Müller-Carstanjen
FINE FACTS Health Communication
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