Die Anzahl der registrierten invasiven Pneumokokken-Fälle ist fast wieder auf vorpandemischem Niveau
Wien 25. Oktober 2023. Wir kennen es von anderen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel von Influenza und von RSV. Das Zurückfahren beziehungsweise die Aufhebung der COVID-19-bedingten Hygienemaßnahmen hat dazu geführt, dass andere respiratorische Erkrankungen wieder aufgeflammt sind. Ähnlich ist das auch bei den Pneumokokken. Der aktuelle Pneumokokken-Jahresbericht für das Jahr 2022 zeigt, dass die Anzahl der invasiven Pneumokokken-Fälle nur noch knapp unter dem „Rekordjahr“ 2019 liegt. Ein aufrechter Impfschutz entsprechend der österreichischen Impfempfehlung ist daher wichtig.
Steigender Trend bei Pneumokokken-Infektionen
Die Zahlen sind eindeutig. Der durch die COVID-19-bedingten Hygienemaßnahmen erzeugte Rückgang der invasiven Pneumokokken-Erkrankungen (IPE) – also jener Pneumokokken-Infektionen, die sich bis ins Blut oder ins Gehirn ausbreiten – war nur vorübergehend. Mit 562 gemeldeten IPE-Fällen ist schon beinahe wieder das Niveau der Jahre vor der Pandemie erreicht. 2018 wurden 611 Fälle registriert, 2019 waren es 615. Der seit Beginn der Registrierung von invasiven Pneumokokken-Erkrankungen durch das nationale Surveillance-System im Jahr 2006 erfasste ständig steigende Trend scheint sich also weiter fortzusetzen. Das betrifft nicht nur die Anzahl der invasiven Erkrankungen, sondern auch die der Todesfälle. Auch 2022 sind wieder 49 Menschen aufgrund von Pneumokokken-Infektionen verstorben.
RSV als häufiger Grund für einen Krankenhausaufenthalt
Je älter jemand ist, desto häufiger ist RSV der Grund für eine Krankenhauseinweisung. Gerade bei Personen höheren Alters kommt es vermehrt zu Komplikationen, aber auch zu Verschlechterungen von Grunderkrankungen. Insbesondere Patient:innen, die an einer chronischen Lungen- oder Herzerkrankungen leiden, müssen besonders häufig aufgrund einer RSV-Erkrankung im Spital aufgenommen werden , wie man auch auf der neuen Info-Website des ÖVIH mit dem Titel „Stopp RSV“ erfährt. „Insgesamt erreichen solche Patient:innen in vielen Fällen lange nicht mehr die Lebensqualität, die sie vor der Erkrankung hatten“, weiß auch Dr. Gerhard Kobinger, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer. „Jene, bei denen es aufgrund von RSV zu einer Verschlechterung der Grunderkrankung gekommen ist, können sich manchmal nicht mehr ohne fremde Hilfe versorgen; schwere Krankheitsverläufe, sogar Todesfälle sind möglich“, ergänzt Schmitzberger. „Daher ist es so wichtig, dass gerade diese Gruppe nun mit einer Impfung geschützt werden kann.
Ältere Personen und Babys am stärksten betroffen
Am häufigsten erkrankten Personen über 80 Jahre an IPE, am zweithäufigsten Menschen im Alter von über 75 Jahren. An dritter Stelle der meist gefährdetsten Gruppen findet sich aber bereits die Altersgruppe der Babys unter einem Jahr. „Man sieht hier deutlich, dass die beiden Enden des Altersspektrums überproportional gefährdet sind“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin und Pneumologie am Kepler Universitätsklinikum Linz. „Bei den Babys ist das Immunsystem unerfahren und hat noch nicht gelernt, mit derartigen Keimen umzugehen. Auf der anderen Seite funktioniert das Immunsystem bei den älteren Personen nicht mehr optimal.“
Wie schon in den Jahren davor waren Männer etwas häufiger betroffen als Frauen.
„Insgesamt muss man bei diesen Zahlen bedenken, dass es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs handelt“, betont Pneumologe Lamprecht. „Die nicht invasiven Lungenentzündungen oder auch die von Pneumokokken ausgelösten Mittelohrentzündungen sind in diesen Daten nicht enthalten und kommen um ein Vielfaches häufiger vor. Auch sie sind eine erhebliche Belastung für die Betroffenen mit potenziell langanhaltenden Folgen.“
Viele Serotypen in den Impfstoffen abgedeckt
Insgesamt sind über 100 verschiedene Pneumokokken-Serotypen bekannt, 34 davon wurden 2022 in Österreich nachgewiesen. Am häufigsten gefunden wurden die Serotypen 3, 19A, 8, 6 C, 22 F und 11A. Eine Veränderung der Serotypen wurde nicht festgestellt.
Pneumokokken-Impfstoffe sind seit vielen Jahren verfügbar. Das empfohlene Impfschema laut österreichischem Impfplan für Personen ab 60 Jahren sieht zwei Impfungen mit verschiedenen Impfstoffen im Abstand von einem Jahr vor. „Leider gehören auch die Pneumokokken-Impfungen in Österreich zu denjenigen, die von der Bevölkerung nicht besonders gut angenommen werden“, berichtet Lamprecht. „Wären mehr Menschen geimpft gewesen, hätte das vermutlich den einen oder anderen schweren Krankheitsverlauf oder sogar Todesfall verhindern können.“
Gesunden Personen wird die Impfung nach wie vor ab 60 Jahren empfohlen, Menschen mit erhöhtem Risiko bereits ab 50, mit einer einmaligen Wiederholung der Impfserie nach mindestens sechs Jahren ab dem 60. Lebensjahr.
Impfung hilft, Antibiotikaverbrauch zu reduzieren
Grundsätzlich kann eine Pneumokokken-Infektion mit Antibiotika gut behandelt werden, sofern die Behandlung rechtzeitig erfolgt. Allerdings wurden 2022 auch erste Antibiotika-Resistenzen nachgewiesen.1 „Außerdem dauert es eine gewisse Zeit, bis Antibiotika zu wirken beginnen“, erläutert der Pneumologe. „Bis dahin kann sich der Zustand der Patientin oder des Patienten schon erheblich verschlechtert haben.“ Er betont daher: „Wichtig wäre, dass es erst gar nicht so weit kommt und wir nicht in die Situation geraten, Antibiotika einsetzen zu müssen. Die beste Prävention ist, sich ab dem Alter von 60, wenn die Leistungsfähigkeit der Immunabwehr beginnt nachzulassen, gegen Pneumokokken impfen zu lassen. Für Kinder ist die Pneumokokken-Impfung ohnehin im kostenfreien Kinderimpfprogramm enthalten und sollte auch unbedingt wahrgenommen werden.“
Referenzen:
BMSGPK, Nationale Referenzzentrale für Pneumokokken — Jahresbericht 2022
Rückfragehinweis:
Mag.a Uta Müller-Carstanjen
FINE FACTS Health Communication
Mobil: +43 664 515 30 40
mueller-carstanjen@finefacts.at
www.finefacts.at
www.oevih.at