Euro­päi­sche Impf­wo­che: Impf­stoff-For­schung und ‑Ent­wick­lung auf Hoch­tou­ren

Fokus Erwach­se­nen­imp­fun­gen – von Atem­wegs­in­fek­tio­nen bis Krebs

Wien, 26. April 2023. Die For­schung zeigt, dass Infek­ti­ons­krank­hei­ten oft nicht nur zu aku­ten Erkran­kun­gen füh­ren, son­dern auch lang­fris­ti­ge Aus­wir­kun­gen auf die Gesund­heit der Betrof­fe­nen und sogar die Volks­wirt­schaft haben kön­nen. Daher wird der Stel­len­wert von Imp­fun­gen zur Bekämp­fung von Infek­ti­ons­krank­hei­ten immer grö­ßer. Durch die For­schungs­an­stren­gun­gen und die Impf­stoff­ent­wick­lung wird man in den nächs­ten Jah­ren ver­mut­lich gro­ße Fort­schrit­te erzie­len kön­nen. Das betrifft sowohl Krank­hei­ten, gegen die bereits Impf­stof­fe exis­tie­ren, als auch Indi­ka­tio­nen, in denen bis dato noch kei­ne Impf­stof­fe zur Ver­fü­gung ste­hen. Indi­rekt könn­ten man­che der neu­en Impf­stof­fe auch posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die immer grö­ßer wer­den­den Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen haben, wäh­rend ande­re auch beim Kampf gegen Krebs wert­vol­le Diens­te leis­ten könn­ten.

Hohe Krank­heits­last durch Influ­en­za, RSV und Co

Gera­de die dies­jäh­ri­ge Herbst- bezie­hungs­wei­se Win­ter­sai­son hat es wie­der gezeigt: Influ­en­za kann zu schwe­ren Krank­heits­ver­läu­fen bezie­hungs­wei­se vie­len Kran­ken­stands­ta­gen füh­ren und damit auch der Volks­wirt­schaft scha­den. Berech­nun­gen zei­gen, dass Influ­en­za jähr­lich für bis zu 50 Mil­lio­nen Krank­heits­fäl­le und 15.000 bis 70.000 Todes­fäl­le in der Euro­päi­schen Uni­on bezie­hungs­wei­se im Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum ver­ant­wort­lich ist. Jähr­li­che Influ­en­za-Imp­fun­gen kön­nen dage­gen 248 bis 332 Mil­lio­nen Euro an Gesund­heits­kos­ten auf­grund von Hos­pi­ta­li­sie­run­gen und Arzt­be­su­chen ein­spa­ren.

Auch RSV hat Öster­reich heu­er stark betrof­fen. Wäh­rend man frü­her ange­nom­men hat, dass RSV haupt­säch­lich eine Erkran­kung von Säug­lin­gen und Klein­kin­dern ist, weiß man mitt­ler­wei­le, dass auch älte­re Per­so­nen und Men­schen mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen schwer betrof­fen sein kön­nen. Die Fol­gen einer RSV-Infek­ti­on kön­nen für hos­pi­ta­li­sier­te älte­re Per­so­nen sogar noch schwe­rer sein als bei Influ­en­za. Die­se rei­chen von einem län­ge­ren Kran­ken­haus­auf­ent­halt bis zu einer höhe­ren Sterb­lich­keit inner­halb des ers­ten Jah­res nach der Infek­ti­on. Gegen RSV exis­tiert der­zeit nur eine pas­si­ve Immu­ni­sie­rung bei Risi­ko­s­äug­lin­gen. Das könn­te sich bald ändern, denn der­zeit befin­den sich 10 Vak­zi­ne-Kan­di­da­ten in Ent­wick­lung, mit dem Ziel neben Säug­lin­gen auch ande­re Bevöl­ke­rungs­grup­pen gegen RSV (älte­re Men­schen bezie­hungs­wei­se Schwan­ge­re) zu schüt­zen. Die ers­ten Impf­stof­fe – vor­aus­ge­setzt die Stu­di­en wer­den erfolg­reich abge­schlos­sen – könn­ten in der nahen Zukunft bereits zuge­las­sen wer­den. „Ins­ge­samt fokus­sie­ren sogar mehr als die Hälf­te der Impf­stof­fe, die sich der­zeit in Ent­wick­lung befin­den, auf respi­ra­to­ri­sche Erkran­kun­gen“, berich­tet Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH).

Unter­stüt­zung im Kampf gegen Anti­bio­ti­ka-Resis­tenz

Die jüngs­te Dis­kus­si­on um die Ver­füg­bar­keit von Anti­bio­ti­ka hat gezeigt, wie wich­tig die­se in der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung sind. Umso pro­ble­ma­ti­scher ist es, wenn sie auf­grund von Resis­ten­zen (AMR) nicht mehr aus­rei­chend wirk­sam sind. Anti­bio­ti­ka-resis­ten­te Infek­tio­nen sind mitt­ler­wei­le häu­fig und füh­ren zu län­ge­ren Spi­tals­auf­ent­hal­ten, höhe­ren Behand­lungs­kos­ten und stei­gen­der Mor­ta­li­tät. Berech­nun­gen zei­gen, dass bereits 2050 10 Mil­lio­nen Men­schen pro Jahr auf­grund von Anti­bio­ti­ka­re­sis­ten­zen ster­ben könn­ten. Impf­stof­fe kön­nen hel­fen, Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen ein­zu­däm­men, da sie bereits wir­ken, bevor sich Bak­te­ri­en über­haupt ver­meh­ren und Orga­ne und Gewe­be befal­len. Damit redu­zie­ren sie die Wahr­schein­lich­keit, dass sich Muta­tio­nen ver­brei­ten können.1 „Um Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen ent­ge­gen­zu­wir­ken, sind der­zeit 11 Impf­stof­fe in Ent­wick­lung“, erläu­tert ÖVIH-Vize­prä­si­den­tin Mag.a Sig­rid Has­lin­ger, „unter ande­rem gegen die gefürch­te­ten E*.-coli-Bakterien, die außer­halb des Darms auf­tre­ten (ExPEC) und häu­fig zu Kran­ken­haus­in­fek­tio­nen und Sep­sis füh­ren.“

Impf­stof­fe gegen Krebs

Selbst dem Kampf gegen Krebs haben sich die Forscher:innen der impf­stoff­her­stel­len­den Unter­neh­men mitt­ler­wei­le ver­schrie­ben. „Dabei geht es einer­seits um den pro­phy­lak­ti­schen Ansatz wie bei den bereits exis­tie­ren­den Imp­fun­gen gegen HPV oder Hepa­ti­tis B“, erklärt ÖVIH-Gene­ral­se­kre­tär Dr. Chris­toph Jandl. „Ande­rer­seits legt die For­schung ihren Fokus auch auf the­ra­peu­ti­sche Impf­stof­fe, unter ande­rem gegen Hirn­tu­mo­re oder Lun­gen- bezie­hungs­wei­se Darm­krebs.“ Ins­ge­samt sind der­zeit fünf the­ra­peu­ti­sche Vak­zi­ne gegen Krebs in Entwicklung.1

Außer­dem wird auch an neu­en Impf­stof­fen für die Rei­se­me­di­zin gear­bei­tet. Die­se könn­ten auch auf­grund des Kli­ma­wan­dels und der damit mög­li­cher­wei­se grö­ße­ren Ver­brei­tung bestimm­ter Krank­hei­ten an zusätz­li­cher Rele­vanz gewin­nen. Die der­zeit 12 Rei­se­impf­stoff-Kan­di­da­ten betref­fen Krank­hei­ten wie Mala­ria, Den­gue Fie­ber oder Toll­wut.

Neben den ver­schie­de­nen Indi­ka­tio­nen geht auch die For­schung an Impf­stoff­tech­no­lo­gien wei­ter. 10 ver­schie­de­nen Platt­for­men, also Tech­no­lo­gien, mit denen Forscher:innen Impf­stof­fe rela­tiv schnell für bereits bekann­te oder neue Erre­ger adap­tie­ren kön­nen, kom­men der­zeit in den diver­sen For­schungs­pro­jek­ten zum Ein­satz.

Impf­stra­te­gie not­wen­dig

„Prä­ven­ti­on durch Imp­fun­gen und dadurch ermög­lich­te Kos­ten­ein­spa­run­gen im Gesund­heits­sys­tem kön­nen aber nur dann gelin­gen, wenn die Impf­stof­fe auch tat­säch­lich in den jewei­li­gen Alters- und Bevöl­ke­rungs­grup­pen ver­wen­det wer­den“, betont ÖVIH-Prä­si­den­tin Gal­lo-Dani­el. „Selbst die bereits eta­blier­ten Impf­stof­fe zum Bei­spiel gegen Influ­en­za, Pneu­mo­kok­ken oder Her­pes Zos­ter kom­men der­zeit bei wei­tem nicht so häu­fig zum Ein­satz, wie es aus medi­zi­ni­scher Sicht emp­foh­len wäre.“ Not­wen­dig sei daher ein natio­na­les Impf­kon­zept inklu­si­ve Impf­zie­len für die ein­zel­nen Indi­ka­tio­nen, das über die Kin­der­imp­fun­gen hin­aus­ge­he und alle Alters­grup­pen im Sin­ne der Life-Cour­se-Immu­niza­ti­on (LCI) ein­schlie­ße.

* Esche­ri­chia

Refe­ren­zen:

Vac­ci­nes Euro­pe, Vac­ci­nes Euro­pe pipe­line review 2022

Acker­son B, Tse­ng HF, Sy LS, Sola­no Z, Sle­zak J, Luo Y, et al. Seve­re mor­bi­di­ty and mor­ta­li­ty asso­cia­ted with respi­ra­to­ry syn­cy­ti­al virus ver­sus influ­en­za infec­tion in hos­pi­ta­li­zed older adults. Cli­ni­cal Infec­tious Dise­a­ses. 2019;69(2):197–203

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