FSME ist immer noch aktu­ell – die Imp­fung auch!

2022: neu­er Hot­spot und vie­le schwe­re Ver­läu­fe

Wien, 28. März 2023. Die Anzahl der mit FSME hos­pi­ta­li­sier­ten Per­so­nen ist 2022 im Ver­gleich zu 2021 wie­der ange­stie­gen. FSME ist damit so aktu­ell wie eh und je. Ob dies auch mit dem Kli­ma­wan­del zusam­men­hängt, kann der­zeit noch nicht beur­teilt wer­den. Sicher jedoch gibt es einen Zusam­men­hang mit dem Impf­sta­tus. Wäh­rend Öster­reich zu jenen Län­dern gehört, in denen die Durch­imp­fungs­ra­te bei FSME beson­ders hoch ist, ist die Anzahl der Per­so­nen, die im kor­rek­ten Impf­in­ter­vall ist, schon deut­lich gerin­ger. Die Fol­gen spü­ren jedes Jahr vie­le Men­schen am eige­nen Leib. Man­che wer­den ein Leben lang mit den Fol­ge­er­schei­nun­gen zu kämp­fen haben. Expert:innen plä­die­ren für noch mehr Auf­klä­rung.

Wie jedes Jahr wur­den auch 2022 alle Per­so­nen, die wegen FSME im Spi­tal behan­delt wer­den muss­ten, regis­triert. 2022 waren es 179.1 Damit war die Fall­zahl wie­der deut­lich höher als 2021. Auch in unse­ren Nach­bar­län­dern Deutsch­land und Schweiz wur­de eine ähn­li­che Ent­wick­lung fest­ge­stellt“, berich­tet Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Maria Paul­ke-Kori­nek, PhD, DTM, Lei­te­rin Abtei­lung für Impf­we­sen, Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Sozia­les, Gesund­heit, Pfle­ge und Kon­su­men­ten­schutz. Wie schon in den Jah­ren davor hat sich Ober­ös­ter­reich wie­der als jenes Bun­des­land mit den meis­ten hos­pi­ta­li­sier­ten FSME-Erkran­kun­gen her­aus­ge­stellt (50), gefolgt von Tirol (36) und Salz­burg (24). Weiß­bach bei Lofer (Salz­burg) wur­de als neu­er Infek­ti­ons­ort iden­ti­fi­ziert.

Unbe­re­chen­ba­re Zecken

„Hat man frü­her ange­nom­men, dass man bei­spiels­wei­se beim Wan­dern ab einer gewis­sen See­hö­he nicht mehr mit infi­zier­ten Zecken rech­nen muss, haben sich die­se Gren­zen heu­te deut­lich ver­scho­ben“, erläu­tert OA Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hut­ter von der Abtei­lung für Umwelt­hy­gie­ne und Umwelt­me­di­zin am Zen­trum für Public Health an der Med­Uni Wien. Auch gibt es kei­ne „FSME-frei­en“ Bun­des­län­der mehr.
„Inter­na­tio­nal brei­tet sich das FSME-Gebiet eben­falls aus und wan­dert Rich­tung Nor­den“, berich­tet der Exper­te und ergänzt: „Der­zeit kann man noch nicht sagen, ob durch den Kli­ma­wan­del die FSME- und Lyme-Bor­re­lio­se Fäl­le in Öster­reich stei­gen wer­den. Sicher ist hin­ge­gen, dass die mil­de­ren Tem­pe­ra­tu­ren im Win­ter für die Zecken güns­tig sind und die­se sogar in der kal­ten Jah­res­zeit aktiv sein kön­nen.“

Eben­falls noch nicht beant­wor­tet wer­den kön­ne, ob eine erhöh­te Zecken­dich­te auch mit einer höhe­ren Erre­ger­dich­te ver­bun­den sei. „Nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass es in Zukunft auch zu einem gewis­sen Anstieg wei­te­rer Infek­ti­ons­er­kran­kun­gen kommt, die von ande­ren nicht ein­hei­mi­schen Zecken­ar­ten wie etwa Hya­lom­ma-Zecken auf den Men­schen über­tra­gen wer­den kön­nen“, so Hut­ter. „Die wich­tigs­ten durch Zecken über­tra­ge­ne Erkran­kun­gen blei­ben aber auch in den nächs­ten Jah­ren FSME und Bor­re­lio­se.“

Unter­schied­li­che Ver­läu­fe

Glück­li­cher­wei­se erkrankt nicht jede:r, die oder der sich nach einem Zecken­stich mit FSME infi­ziert. Bei einem Drit­tel der Infi­zier­ten ver­hin­dert die eige­ne Immun­ab­wehr näm­lich, dass es über­haupt zu einer Erkran­kung kommt.2 „Schafft sie das nicht, ist der typi­sche Ver­lauf einer FSME-Erkran­kung zwei-pha­sig“, erklärt Priv.Doz.in Dr.in Bet­ti­na Pfaus­ler. Etwa 7–14 Tage nach dem Zecken­stich kommt es zu grip­pe­ähn­li­chen Sym­pto­men. Ist das über­wun­den, hat die Hälf­te der Betrof­fe­nen die Infek­ti­on end­gül­tig über­stan­den. Wenn nicht, kommt es nach einem kur­zen beschwer­de­frei­en Inter­vall zu einer zwei­ten Pha­se der Erkran­kung, in wel­cher das Virus die Schutz­bar­rie­ren des Gehirns über­win­det und es zu ver­schie­de­nen neu­ro­lo­gi­schen Mani­fes­ta­tio­nen der FSME-Erkran­kung kommt. „5–15 Pro­zent jener, die das zwei­te Krank­heits­sta­di­um errei­chen, haben sogar einen extrem schwe­ren Ver­lauf, bei dem die Ent­zün­dung auch das Rücken­mark und den Hirn­stamm betref­fen. Die Sym­pto­me erin­nern hier an die Kin­der­läh­mung, wes­we­gen man hier auch von einer „Polio-like“ Erkran­kung spricht“, erläu­tert die Neu­ro­lo­gin und ergänzt: „Die Sterb­lich­keit bei die­ser Ver­laufs­form liegt bei 30%, eine voll­stän­di­ge Erho­lung ist meist nicht mehr mög­lich.“

Bei 89 Per­so­nen, bei denen letz­tes Jahr eine FSME-Erkran­kung regis­triert wur­de, wur­den sol­che schwe­ren neu­ro­lo­gi­sche Erkran­kungs­for­men (Gehirn- und Rücken­marks­ent­zün­dun­gen) fest­ge­stellt. Das ist mehr als die Hälf­te jener Per­so­nen, von denen der Ver­lauf bekannt ist (166).

„Ähn­lich wie bei COVID-19 ist das Pro­blem selbst nach Abklin­gen der Infek­ti­on nicht immer vor­bei“, ergänzt Pfaus­ler. „Beson­ders Per­so­nen, die auch eine Ent­zün­dung des Gehirns hat­ten, lei­den häu­fig län­ger an Kopf­schmer­zen, Müdig­keit, emo­tio­na­ler Labi­li­tät und ver­min­der­ter Belast­bar­keit.“ Auch vor­über­ge­hen­de oder dau­er­haf­te Beein­träch­ti­gun­gen der Kon­zen­tra­ti­on und des Gedächt­nis­ses sei­en bekannt.

FSME-Imp­fung als Opfer des eige­nen Erfol­ges

Da Öster­reich immer schon eines jener Län­der war, in denen FSME beson­ders häu­fig vor­kam, war es nahe­lie­gend, dass die FSME-Imp­fung maß­geb­lich in Öster­reich ent­wi­ckelt wur­de und die For­schung hier ihr Zen­trum hat­te. „Obwohl die Imp­fung prin­zi­pi­ell gut ange­nom­men wird, gibt es immer noch Opti­mie­rungs­be­darf“, so Paul­ke-Kori­nek.

Auf­klä­rungs­ar­beit und Prä­ven­ti­on

„Da das Risi­ko, spe­zi­ell an FSME oder Bor­re­lio­se, zu erkran­ken, nicht gerin­ger wird, sind Auf­klä­rung und Prä­ven­ti­on essen­zi­ell. FSME ist kein harm­lo­ser Schnup­fen, des­sen soll­te man sich bewusst sein“, betont auch Umwelt­me­di­zi­ner Hut­ter. Genau des­we­gen hat der ÖVIH auch heu­er wie­der eine Auf­klä­rungs­kam­pa­gne unter dem Titel „Stopp FSME“, abruf­bar unter www. Zecken-impfung.at, gestar­tet.

„Wich­tig ist, dass man sich grund­im­mu­ni­sie­ren lässt und recht­zei­tig zur Auf­fri­schung geht“, fasst Neu­ro­lo­gin Pfaus­ler zusam­men. Eine Titer­be­stim­mung vor einer mög­li­chen Auf­fri­schung sei aus­drück­lich nicht emp­foh­len.

2023 zur Imp­fung gehen soll­te daher

• Jede:r, der oder die noch nicht oder nicht voll­stän­dig grund­im­mu­ni­siert wur­de
• Jede:r, der oder die 2020 oder davor nur grund­im­mu­ni­siert wur­de (also erst 3 Imp­fun­gen hat)
• Unter 60-Jäh­ri­ge, die zuletzt 2018 oder davor eine Auf­fri­schungs­imp­fung bekom­men haben
• 60-Jäh­ri­ge und Älte­re, die zuletzt 2020 oder davor eine Auf­fri­schungs­imp­fung erhal­ten haben

Refe­ren­zen:

Zen­trum für Viro­lo­gie, Med­Uni Wien, Virus­epi­de­mio­lo­gi­sche Infor­ma­ti­on Nr. 03/23

Kai­ser R., et al., Früh­som­mer Menin­go­en­ze­pha­li­tis (FSME), S1-Leit­li­nie, 2020, in: Deut­sche Gesell­schaft für Neu­ro­lo­gie (Hrsg.), Leit­li­ni­en für Dia­gnos­tik und The­ra­pie in der Neu­ro­lo­gie. Online: www.dgn.org/leitlinien

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Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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