FSME muss nicht sein

Impf­nach­läs­sig­keit kann schwe­re Fol­gen haben

Wien 13. März 2024. Der Win­ter ist mild, die Zecken sind bereits aktiv. Bald schon wer­den die ers­ten besorg­ten Patient:innen mit einem Zecken­stich in die Arzt­pra­xen und Spi­tals­am­bu­lan­zen kom­men. Doch dann ist es für eine FSME-Pro­phy­la­xe zu spät. Jedes Jahr gibt es mehr als 100, teil­wei­se sogar mehr als 200 FSME-Fäl­le, die durch eine Imp­fung ver­meid­bar wären. 2023 gab es zwar ver­hält­nis­mä­ßig weni­ge FSME- Fäl­le, aller­dings ist ein hoher Anteil der Erkran­kun­gen schwer ver­lau­fen. Dau­er­haf­te Fol­ge­schä­den sind mög­lich. Wer sich schüt­zen will, soll­te sich imp­fen und kon­se­quent auf­fri­schen las­sen. Nach­läs­sig­keit beim Imp­fen kann poten­zi­ell schwe­re Kon­se­quen­zen haben.

Die Zecken sind schon da

Grund­sätz­lich ist das Auf­tre­ten von Zecken zu den unge­wöhn­lichs­ten Jah­res­zei­ten nichts Beson­de­res. „Wir beob­ach­ten schon seit Jah­ren um die Weih­nachts­zeit bei aus­rei­chend mil­den Tem­pe­ra­tu­ren ein kurz­fris­ti­ges Auf­tre­ten von Zecken“, berich­tet Priv.-Doz. Dr. Georg Duscher, Zecken­for­scher bei der AGES. „Die­ses Jahr dau­ert die Pha­se der unge­wöhn­lich mil­den Tem­pe­ra­tu­ren im Win­ter aller­dings schon sehr lan­ge an. Wir erhal­ten auch schon Mel­dun­gen über Ixo­des rici­nus – den Holz­bock, die häu­figs­te Zecken­art in Öster­reich.“ Die­se frü­he Akti­vi­tät sei bedingt durch die mil­den Tem­pe­ra­tu­ren. Schließ­lich rei­chen schon 5 °C, damit die Zecken aktiv wer­den und auf Wirts­su­che gehen. „Auf­grund der frü­he­ren Akti­vi­tät ist natür­lich auch mit dem ent­spre­chen­den Auf­tre­ten der durch Zecken über­tra­ge­nen Krank­hei­ten wie FSME zu rech­nen“, warnt Duscher.

Schwan­ken­de Fall­zah­len

Laut der kürzlich veröffentlichen Virus­epi­de­mio­lo­gi­schen Infor­ma­ti­on des Zen­trums für Viro­lo­gie der Med­Uni Wien wur­de 2023 bei 104 hos­pi­ta­li­sier­ten Per­so­nen FSME dia­gnos­ti­ziert. In den letz­ten Jah­ren waren die­se Zah­len aller­dings nicht immer so nied­rig. 2018 gab es 154, 2020 216 und 2022 179 Fälle. „Dar­an kann man gut erken­nen, dass FSME bezie­hungs­wei­se die Erkrankungsfälle jährlich stark schwan­ken können“, erläutert OA Dr. Bern­hard Haas vom Insti­tut für Kran­ken­haus­hy­gie­ne und Mikro­bio­lo­gie der KAGES.

Alles ande­re als erfreu­lich sei, dass fast zwei Drit­tel jener, bei denen im Spi­tal FSME dia­gnos­ti­ziert wur­de, von einem schwe­ren Ver­lauf betrof­fen waren (63,5 %, 66 Patient:innen). „Die Entzündung betrifft dabei die Hirnhäute, das Gehirn selbst und/oder auch das Rückenmark und die sich von der Wirbelsäule weg ver­zwei­gen­den Rückenmarksnerven (Spi­nal­ner­ven), was unter Umständen eine lan­ge Reha­bi­li­ta­ti­on erfor­der­lich macht“, so Haas.

Nicht verändert haben sich die beson­ders stark betrof­fe­nen Bundesländer. Spit­zen­rei­ter ist ein­mal mehr Oberösterreich (32), gefolgt von Tirol (17) und Salz­burg (14). Auch die Alters­ver­tei­lung ist in etwa gleich geblie­ben – hauptsächlich betrof­fen waren Per­so­nen über 50 Jah­re (64,4 %, 67 Patient:innen), jedoch wur­den in allen Alters­grup­pen Erkran­kun­gen ver­zeich­net.

Nach dem Stich ist es zu spät

„Wir sehen immer wie­der verängstigte Patient:innen, die nach einem Zecken­stich in die Spi­tals­am­bu­lanz oder in die ärztliche Pra­xis kom­men und nach einer pas­si­ven Imp­fung („Imp­fung danach“) fra­gen“, berich­tet Haas aus dem kli­ni­schen All­tag. Ein der­ar­ti­ges Immun­glo­bu­lin sei aber nicht verfügbar. „In sol­chen Fällen können wir bei feh­len­den Sym­pto­men nur bera­tend agie­ren, über die Impf­sche­ma­ta infor­mie­ren, even­tu­ell, wenn noch vor­han­den, die Zecke ent­fer­nen und die betrof­fe­ne Per­son über die möglichen Sym­pto­me von FSME und die Erkran­kung Bor­re­lio­se aufklären.“

„Bis heu­te kann eine FSME-Erkran­kung nicht kau­sal behan­delt wer­den“, ergänzt Prim. Univ.- Prof. Dr. Jörg R. Weber, Vor­stand der Neu­ro­lo­gie am Kli­ni­kum Kla­gen­furt. „Selbst wenn sich auf­grund der typi­schen Krank­heits­sym­pto­me schnell ein Ver­dacht auf FSME ergibt, der dann durch einen Antikörpernachweis und eine Liquor­punk­ti­on bestätigt wird, bleibt den behan­deln­den Ärzt:innen nichts ande­res übrig, als die Erkran­kung sym­pto­ma­tisch zu beglei­ten.“ Im Wesent­li­chen gin­ge es dabei dar­um, Sekundärerkrankungen zu ver­mei­den, die Betrof­fe­nen recht­zei­tig auf der Inten­siv­sta­ti­on zu ver­sor­gen, even­tu­ell künstlich zu beatmen und zu ver­hin­dern, dass es zu einer Aspi­ra­ti­on, also dem Ein­drin­gen von Stof­fen in die Atem­we­ge käme. „Nach überstandener Infek­ti­on ist meist eine lang­wie­ri­ge Reha­bi­li­ta­ti­on not­wen­dig. Schäden können den­noch blei­ben“, erklärt Weber.

Imp­fung schützt: auf Rei­sen und zu Hau­se

„Geimpf­te Per­so­nen, die sich im kor­rek­ten Impf­sche­ma befin­den, können sich die Angst vor FSME erspa­ren, da sie mit einer sehr hohen Wahr­schein­lich­keit nicht dar­an erkran­ken wer­den“, betont Kol­le­ge Haas. „Zwar können sie Bor­re­lio­se-Sym­pto­me ent­wi­ckeln, da es gegen Bor­re­lio­se der­zeit noch kei­ne Imp­fung gibt, aller­dings ist die­se Erkran­kung – im Unter­schied zur vira­len FSME – in der Frühphase gut mit Anti­bio­ti­ka behan­del­bar.“

„In Österreich ist die Imp­fung gegen FSME schon seit vie­len Jahr­zehn­ten verfügbar“, führt Weber wei­ter aus. „Wie gut sie schützt, sieht man am Ver­gleich mit Ländern wie Tsche­chi­en, die eine ähnliche FSME-Ver­brei­tung wie Österreich haben, aber eine deut­lich gerin­ge­re Durch­imp­fungs­ra­te.“ In Tsche­chi­en wur­den 2022 bei einer Durch­imp­fungs­ra­te von unter 40 Pro­zent 710 FSME-Fälle regis­triert, in Österreich bei einer Durch­imp­fungs­ra­te von über 80 Pro­zent 204.1 Wich­tig sei, sich nicht nur grund­im­mu­ni­sie­ren, son­dern auch auf­fri­schen zu las­sen. Weber hat dazu einen pas­sen­den Ver­gleich auf Lager: „Ähnlich wie man beim Auto nach 15.000 bis 30.000 Kilo­me­tern ein Ser­vice machen lässt, soll­te man das auch beim eige­nen Körper und den Imp­fun­gen tun. Wer Hirn hat, soll­te es auch schützen.“

Auf­fri­schungs­imp­fung nach 3 bis 5 Jah­ren not­wen­dig

Am Impf­sche­ma hat sich seit Jah­ren nichts geändert. Die Grund­im­mu­ni­sie­rung für Erwach­se­ne besteht aus drei Imp­fun­gen, für Kin­der gibt es einen eige­nen Kin­der­impf­stoff. Die ers­te Auf­fri­schung soll­te drei Jah­re nach der Grund­im­mu­ni­sie­rung erfol­gen. Die wei­te­ren Auf­fri­schungs­imp­fun­gen bis zum voll­ende­ten 60. Lebens­jahr alle fünf Jah­re, ab dem voll­ende­ten 60. Lebens­jahr alle drei Jah­re.

Neu­es Citi­zen-Sci­ence-Pro­jekt zur Zecken­be­ob­ach­tung

Trotz vor­han­de­ner FSME-Imp­fung müssen auch die Zecken wei­ter beob­ach­tet wer­den, sowohl die neu auf­tre­ten­den als auch die hei­mi­schen Zecken­ar­ten. „Die AGES hat daher ein EU-Pro­jekt zum Zecken-/Gel­sen­mo­ni­to­ring gestar­tet. Die Bevölkerung soll in Form eines Citi­zen-Sci­ence-Pro­jek­tes in die Zecken­mel­dung ein­ge­bun­den wer­den“, berich­tet Zecken­for­scher Duscher. Die Web­site sei noch im Auf­bau, vorläufig könnten Bil­der von tro­pi­schen Rie­sen­ze­cken auf zecken@ages.at geschickt wer­den.

Refe­ren­zen:

https://tbenews.com/The_TBE_Book_6th_Edition.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 28. Febru­ar 2024.

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Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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