Durchimpfungsrate muss dringend erhöht werde
Wien, 22. Februar 2023. Die Masern haben, wie auch einige andere Infektionskrankheiten, während der Hochphase der COVID-19-Pandemie „pausiert“. Nun sind sie zurück, wie die jüngsten Fälle in der Steiermark zeigen. Verwunderlich ist das nicht, denn gerade bei der Masern-Impfung benötigt man eine hohe Durchimpfungsrate, um die Krankheit zum Verschwinden zu bringen. Trotz Gratis-Impfung ist eine solche in Österreich bei Weitem nicht erreicht. Um das zu ändern, fordert der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) nun eine geeignete Strategie, die nicht nur die Kinder erreicht, sondern auch jene Erwachsenen, die noch nicht gegen Masern geimpft sind.
„Der aktuelle Masern-Ausbruch in der Steiermark zeigt eindrücklich, dass Masern nicht nur hochansteckend, sondern auch gefährlich sind“, stellt Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des ÖVIH fest. Laut Medienberichten seien nämlich mittlerweile sogar bereits mehrere der betroffenen Kinder in stationärer Behandlung und bräuchten teilweise sogar Sauerstoff. Bewiesen ist außerdem seit langem, dass es bei Masern auch zu Langzeitfolgen wie einem geschwächten Immunsystem kommen kann, in sehr seltenen Fällen sogar Jahre später zu einer tödlich verlaufenden Gehirnentzündung.
Impfung könnte Masern ausrotten
Doch das alles müsste nicht sein. Es gibt eine hochwirksame Impfung, die die Masern sogar ausrotten könnte. Die Ausrottung ist auch das erklärte Ziel der WHO. „Um das zu schaffen, müssen wir einen Gemeinschaftsschutz erreichen“, erläutert Gallo-Daniel. „Und dafür brauchen wir eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent mit zwei Dosen des Lebend-Impfstoffes. Davon sind wir derzeit leider sehr weit entfernt, obwohl sich Österreich verpflichtet hat, an der Erreichung dieses Zieles zu arbeiten.“ Ihre Kollegin Mag.a Sigrid Haslinger, Vizepräsidentin des ÖVIH ergänzt: „Schon vor der COVID-19-Pandemie war die Durchimpfungsrate zu niedrig, seit Beginn der Pandemie ist sie aber weiter gesunken.“ So liegt zum Beispiel die Durchimpfungsrate der 2‑jährigen im Jahr 2021 nur noch bei 84 % für die erste Teilimpfung und bei 74 % für die zweite Teilimpfung. Auch bei den jungen Erwachsenen verfügen nur 86 Prozent über einen vollständigen Impfschutz. Die hohe Durchimpfungsrate sei außerdem auch deshalb wichtig, weil Säuglinge unter neun Monaten noch nicht selbst geimpft und daher nur indirekt über ihre (geimpfte) Umgebung geschützt werden könnten.
Passiver Schutz für Risikokinder
Als Risikofaktoren für schwere RSV-Infektionen bei Kindern und Säuglingen gelten unter anderem Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, männliches Geschlecht, Herz- und Lungenerkrankungen und Immundefekte. Zumindest für bestimmte Risikogruppen gibt es aktuell eine gute Schutzmöglichkeit. Frühgeborene Kinder oder Kinder mit angeborenen Herz- oder Lungenerkrankungen können in Österreich durch eine passive Immunprophylaxe mit einem monoklonalen Antikörper geschützt werden. Leider sind aber auch Kinder durch das RS-Virus gefährdet, die keiner Risikogruppe angehören. Eine amerikanische Studie belegt, dass die Mehrheit der wegen RSV hospitalisierten Säuglinge gesund und reifgeboren worden war. Auch Daten einer österreichischen retrospektiven RSV-Kohortenstudie aus den Jahren 2015–2022 der MedUni Graz zeigen, dass 87 % der wegen RSV hospitalisierten Kinder reifgeboren waren.
Impfungen nachholen
„Während der COVID-19-Pandemie lag der Fokus beim Impfen verständlicherweise auf der COVID-19-Impfung sowie Impfungen gegen andere respiratorische Erkrankungen“, erläutert Dr. Christoph Jandl, Generalsekretär des ÖVIH. Spätestens der aktuelle Masern-Ausbruch zeigt, dass auch bei anderen Impfungen etwas unternommen werden muss, um weitere Krankheitsausbrüche zu verhindern. „Impfungen, die während der Pandemie ausgefallen oder verschoben wurden, müssen jetzt dringend nachgeholt werden.“ An den Impfstoffen scheitere es nicht, betont man beim ÖVIH. „Die Mitgliedsfirmen des ÖVIH haben gemeldet, dass genügend Impfstoff in Österreich verfügbar ist.“, betont ÖVIH-Präsidentin Gallo-Daniel.
Umdenken erforderlich
„Vielen Menschen ist möglicherweise gar nicht bewusst, dass sie beziehungsweise ihre Kinder nicht oder nicht ausreichend gegen Masern geschützt sind“, vermutet ÖVIH-Vizepräsidentin Haslinger. „Außerdem halten viele Masern immer noch für eine harmlose Kinderkrankheit. Leider ist das nicht der Fall und daher ist die MMR-Impfung, die neben dem Masernimpfstoff auch jene gegen Mumps und Röteln beinhaltet, so wichtig.“ „Wir brauchen eine Strategie, um die Durchimpfungsrate bei der Masern-Impfung deutlich zu erhöhen und um so schnell wie möglich die von der WHO geforderten 95 Prozent zu erreichen“, bringt Generalsekretär Jandl die Sachlage auf den Punkt. „Das gilt nicht nur für die Kinder‑, sondern auch für die Erwachsenenimpfung“, erklärt Gallo-Daniel. Generell brauche es ein Konzept der öffentlichen Hand für die sogenannte Life-Course Immunization, also das lebenslange Impfen, nicht nur für die Masern-Impfung, sondern für alle Impfungen, die man im Laufe eines Lebens benötige. Der ÖVIH hat zu diesem Thema schon mehrere konkrete Pläne und Stellungnahmen vorgelegt. Die Masern-Impfung ist übrigens schon jetzt für alle Altersgruppen kostenfrei.
Referenzen:
https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/Infektionskrankheiten-A‑Z/Masern.html, zuletzt abgerufen am 22.2.2023
BMSGPK, Kurzbericht Masern 2021
Rückfragehinweis:
Mag.a Uta Müller-Carstanjen
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