Was Impfungen für unsere Gesundheit leisten

Von der Reduktion der Sterblichkeit bis zum Erhalt der Produktivität

Wien, 22. April 2022. Eine Infek­ti­ons­krank­heit – die Pocken – wur­de durch Imp­fun­gen bereits aus­ge­rot­tet, meh­re­re wei­te­re könn­ten noch eli­mi­niert wer­den. Außer­dem wer­den Mil­lio­nen Todes­fäl­le und Behin­de­run­gen jedes Jahr durch Imp­fun­gen ver­mie­den. Selbst im klei­nen Öster­reich kann man das ganz klar nach­wei­sen. Doch neben die­sen Erfol­gen gibt es auch Her­aus­for­de­run­gen, sowohl auf inter­na­tio­na­ler, auf EU- als auch auf öster­rei­chi­scher Ebe­ne. Ein wesent­li­cher Punkt ist das Ver­trau­en der Men­schen in Imp­fun­gen. Die­ses ist essen­zi­ell, wenn es um die Errei­chung jener hohen Durch­imp­fungs­ra­ten geht, die für die Errei­chung eines Gemein­schafts­schut­zes und lang­fris­tig für die Aus­rot­tung von Krank­hei­ten not­wen­dig sind. Neben den Natio­nal­staa­ten unter­stützt hier die EU mit einer Palet­te von Maß­nah­men. Wesent­lich ist auch die Zusam­men­ar­beit von Her­stel­lern, Behör­den und Gesund­heits­po­li­tik welt­weit, um Impf­stof­fe in aus­rei­chen­der Men­ge am rich­ti­gen Ort zur rich­ti­gen Zeit zur Ver­fü­gung stel­len zu kön­nen.

Durch­schla­gen­der Erfolg

„Nicht neu, aber ein biss­chen in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist die Tat­sa­che, dass kei­ne ande­re Gesund­heits­maß­nah­me mit Aus­nah­me von sau­be­rem Trink­was­ser so posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf das Bevöl­ke­rungs­wachs­tum und den Rück­gang der Sterb­lich­keit gehabt hat wie die Ein­füh­rung von Imp­fun­gen“, erläu­tert Dr.in Danie­la Kas­pa­rek, Fach­ärz­tin für Kin­der- und Jugend­heil­kun­de in Wien. „Nicht ein­mal Anti­bio­ti­ka hat­ten einen ähn­lich durch­schla­gen­den Erfolg.“ Allein die Masern-Imp­fung hat zwi­schen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2018 dazu geführt, dass 23,2 Mil­lio­nen Todes­fäl­le ver­mie­den wer­den konn­ten. Imp­fun­gen kön­nen aber nicht nur Leben ret­ten, son­dern auch Leben ver­än­dern. „Kin­der kön­nen gesün­der auf­wach­sen, zur Schu­le gehen und damit ihre Mög­lich­kei­ten im Leben ver­bes­sern“, betont die Kin­der­ärz­tin.

Impf­erfol­ge in Öster­reich

Was mit Imp­fun­gen erreich­bar ist, zeigt sich nicht nur welt­weit, son­dern auch in Öster­reich. So waren Rota­vi­ren vor Ein­füh­rung der Imp­fung die häu­figs­ten Erre­ger von Brech­durch­fall bei Säug­lin­gen und Klein­kin­dern in Öster­reich. Bevor ein Impf­stoff zur Ver­fü­gung stand, wur­den jähr­lich 2.900 bis 4.400 Kin­der mit einer Rota­vi­ren-Infek­ti­on sta­tio­när behan­delt. „Seit die Imp­fung 2007 ins öster­rei­chi­sche kos­ten­freie Kin­der­impf­pro­gramm auf­ge­nom­men wur­de, konn­te die Hos­pi­ta­li­sie­rungs­ra­te um 90 Pro­zent gesenkt wer­den. Sogar Her­den­im­mu­ni­tät wur­de erreicht. Ein gro­ßer Erfolg“, betont Kas­pa­rek.

Ein ande­res Bei­spiel aus Öster­reich für den posi­ti­ven Effekt von Imp­fun­gen ist die bekann­te FSME-Imp­fung. Vor Beginn der gro­ßen Impf­ak­tio­nen war FSME in Öster­reich die häu­figs­te vira­le Infek­ti­ons­krank­heit mit Ent­zün­dung des Gehirns. Pro Jahr wur­den damals 300 bis 700 hos­pi­ta­li­sie­rungs­pflich­ti­ge Krank­heits­fäl­le registriert.2 2021 die­se Zahl bei „nur“ 128. Kas­pa­rek stellt klar: „Das ist ein ein­deu­ti­ger Erfolg der Imp­fung, der aber grö­ßer sein könn­te, wenn sich mehr Men­schen gegen FSME imp­fen und vor allem auch auf­fri­schen las­sen wür­den.“

Vorraus­set­zun­gen für den Impf­erfolg

Eine Vor­aus­set­zung für den Erfolg von Imp­fun­gen ist das Ver­trau­en in sie“, erläu­tert Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH). Ein ande­rer wich­ti­ger Erfolgs­fak­tor sei der ein­fa­che bezie­hungs­wei­se nie­der­schwel­li­ge Zugang zu den Impf­stof­fen. Laut WHO könn­te man zum Bei­spiel die Masern aus­rot­ten und auch Masern­aus­brü­che ver­hin­dern, wenn mehr Men­schen Ver­trau­en in und Zugang zur Masern-Imp­fung hät­ten. „Eben­so wich­tig wie Ver­trau­en und Zugang ist, dass glo­ba­le und loka­le Ent­schei­dungs­trä­ger (Behör­den, Gesund­heits­po­li­tik, etc.) Impf­zie­le defi­nie­ren und Stra­te­gien sowie Maß­nah­men zur Erhö­hung der Durch­imp­fungs­ra­ten set­zen. Erst wenn genü­gend Men­schen geimpft sind, kann dies auch zu einer Ver­bes­se­rung der welt­wei­ten Gesund­heit füh­ren“, stellt Gal­lo-Dani­el klar.

Dafür muss aber auch genü­gend Impf­stoff vor­han­den sein. „Hier spie­len meh­re­re kom­ple­xe Fak­to­ren eine Rol­le“, so die ÖVIH-Prä­si­den­tin. Zunächst die erfolg­rei­che For­schung und Ent­wick­lung. Danach müs­sen die Daten zur Zulas­sung bei den Zulas­sungs­be­hör­den welt­weit ein­ge­reicht wer­den. Ein Pro­zess, der auch nach der Zulas­sung wei­ter­ge­führt wird. „Gera­de in der EU sind die Pro­zes­se nach der Zulas­sung bis zu dem Zeit­punkt, zu dem der Impf­stoff tat­säch­lich ver­ab­reicht wer­den kann, sehr kom­plex und dau­ern nor­ma­ler­wei­se zwei bis sechs Jah­re“, erklärt Gal­lo-Dani­el. Essen­zi­ell sei auch eine gute Pro­duk­ti­ons­pla­nung. Zu die­ser gehö­ren einer­seits die Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten, die nur lang­fris­tig erwei­tert wer­den kön­nen, und ande­rer­seits die Kal­ku­la­ti­on der benö­tig­ten Impf­do­sen (Bedarfs­pla­nung). „Für die Her­stel­ler gestal­tet sich die Bedarfs­pla­nung der­zeit sehr schwie­rig, da die Beschaf­fungs­sys­te­me in den ein­zel­nen Län­dern sehr unter­schied­lich sind. Auf­grund der lan­gen Pro­duk­ti­ons­dau­er inklu­si­ve stän­di­ger Qua­li­täts­kon­trol­len kann auf kurz­fris­ti­gen Mehr­be­darf nur noch schwer reagiert wer­den“, erklärt Gal­lo-Dani­el. „Selbst im klei­nen Öster­reich ist die Bedarfs­pla­nung kom­plex, da oft­ma­lig Impf­zie­le feh­len und damit die für Öster­reich not­wen­di­gen Impf­do­sen nicht in die Pro­duk­ti­ons­pla­nung ein­flie­ßen kön­nen.“ Ein neu­es Facts­heet des ÖVIH zu die­sen kom­ple­xen Pro­zes­sen ist unter die­sem Link** abruf­bar.

Unter­schied­li­che Impf­stra­te­gien als Her­aus­for­de­rung

Auch auf EU-Ebe­ne sieht man die von EU-Staat zu EU-Staat unter­schied­li­chen Impf­stra­te­gien als Her­aus­for­de­rung an. „Das betrifft unter ande­rem Men­schen, die im Lau­fe ihres Lebens in unter­schied­li­chen EU-Län­dern leben“, erläu­tert DDr. Wolf­gang Bogen­sber­ger, stell­ver­tre­ten­der Lei­ter der Ver­tre­tung der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on in Öster­reich. So könn­ten diver­gie­ren­de Impf­zeit­punk­te und Dosen­zah­len zu Ver­wir­rung füh­ren, und es kön­ne pas­sie­ren, dass Kin­der nicht alle erfor­der­li­chen Imp­fun­gen erhal­ten.

EU unter­stützt Zusam­men­ar­beit

„Die Impf­po­li­tik fällt in die Zustän­dig­keit der natio­na­len Behör­den“ betont Bogen­sber­ger, „die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on unter­stützt die EU-Län­der aber bei der Koor­di­nie­rung ihrer Stra­te­gien und Pro­gram­me.“

Zu den Maß­nah­men der EU gehö­ren unter ande­rem

  • Unter­stüt­zung der For­schung zu Impf­stof­fen
  • Beschleu­ni­gung der Ent­wick­lung und Her­stel­lung
  • Bereit­stel­lung von siche­ren und wirk­sa­men Impf­stof­fen
  • gemein­sa­me Beschaf­fung von Impf­stof­fen
  • För­de­rung der Ent­wick­lung von Impf­pro­gram­men und von elek­tro­ni­schen
    Impf­in­for­ma­ti­ons­sys­te­men zur wirk­sa­men Über­wa­chung die­ser Pro­gram­me
  • Unter­stüt­zung der EU-Mit­glied­staa­ten bei der Reak­ti­on auf Impf­skep­sis — unter
    Berück­sich­ti­gung der Vor­schlä­ge der WHO
  • Stra­te­gien zur Erhö­hung der Durch­imp­fungs­ra­ten in der EU für alle Lebens­pha­sen
    • Iden­ti­fi­ka­ti­on von Zugangs­bar­rie­ren
    • Ver­bes­se­rung des Zugangs zu Imp­fun­gen für Benach­tei­lig­te und sozi­al Aus­ge­grenz­te
    • För­de­rung der Imp­fung gegen die sai­so­na­le Grip­pe für Risi­ko­grup­pen
    • Anrei­ze für EU-Län­der zur sys­te­ma­ti­schen Imp­fung von Kin­dern
  • allen­falls Ent­wick­lung eines gemein­sa­men Impf­aus­wei­ses für EU-Bür­ger (unter Berück­sich­ti­gung der Erfah­run­gen mit dem EU-COVID-Zer­ti­fi­kat)
  • jeden­falls: Bekämp­fung von Fehl­in­for­ma­tio­nen zu Imp­fun­gen im Inter­net und Ent­wick­lung evi­denz­ba­sier­ter Infor­ma­ti­ons­in­stru­men­te
  • Ent­wick­lung eines Mecha­nis­mus zum Aus­tausch von Impf­stof­fen zwi­schen EU-Staa­ten im Fal­le eines Krank­heits­aus­bruchs

Ins­ge­samt habe die EU in den letz­ten bei­den Jah­ren durch die COVID-19-Pan­de­mie sehr viel gelernt, ist Bogen­sber­ger über­zeugt. Ein Wis­sen, das man nun auch für wei­te­re impf­prä­ven­ta­ble Erkran­kun­gen brau­chen kön­ne.

Ser­vice­hin­weis:

Gemein­sam mit dem Mole­ku­lar­bio­lo­gen und Sci­ence Bus­ter Mar­tin Moder arbei­tet der ÖVIH an einer Video­se­rie, in der die wich­tigs­ten impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen erklärt wer­den und auf­ge­zeigt wird, wel­chen Nut­zen die jewei­li­gen Imp­fun­gen brin­gen kön­nen. Das Video zum » Der Wert von Imp­fun­gen « ist unter fol­gen­dem Link* abruf­bar.

Refe­ren­zen:

UNICEF. Immu­niza­ti­on pro­gram­me, abruf­bar unter https://www.unicef.org/immunization
Öster­rei­chi­scher Impf­plan 2022

*https://www.youtube.com/watch?v=plb5URzQq8A
** http://old.oevih.at/wp-content/uploads/2022/04/OeVIH-22_Factsheet-WIW_F.pdf

Rück­fra­ge­hin­weis:

Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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